Leipzig ist Sieger

Post-Tochter DHL gründet Frachtzentrum. Allerdings mit Nachtbetrieb. Niedrigere Lohnkosten als in Frankreich

BERLIN taz ■ In Leipzig war der Jubel groß. „Ich bin ganz aus dem Häuschen“, sagte Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD), nachdem bekannt geworden war, dass die Post-Tochter DHL ihr internationales Luftfrachtdrehkreuz in Leipzig ansiedeln will. Das werde der Region auf Jahre hinaus einen kräftigen Schub nach vorn geben, sagte Tiefensee.

Der Mann hat allen Grund zur Freunde. Die DHL, die die weltweite Paketzustellung der Post übernommen hat, will rund 300 Millionen Euro in den neuen Standort investieren. Bis zum Jahr 2012 sollen bis zu 10.500 neue Arbeitsplätze in der Region Leipzig/Halle entstehen.

Der sächsische Flughafen konnte sich bei der Standortentscheidung gegen den französischen Flughafen Vartry durchsetzen. Post-Chef Klaus Zumwinkel sagte, entscheidend seien dabei die niedrigeren Löhne in der Region gewesen. Einen geografischen Vorteil gegenüber Vatry habe Leipzig/Halle nicht. Die meisten Cargofrachten kämen aus England und Frankreich. Leipzig liegt da nicht unbedingt auf dem Weg.

Ausschlaggebend für die Standortentscheidung war neben den geringeren Lohnkosten offenbar auch der 24-Stunden-Betrieb des Flughafens Leipzig/Halle. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) hatte sich in Berlin für eine Verlängerung der Nachtflugerlaubnis eingesetzt. Schließlich war der Streit um die Ausweitung der Nachtflüge Hintergrund für den Wechsel der DHL aus Brüssel. Die unter Druck gesetzte belgische Regierung wollte eine Ausweitung der Nachtflüge nur genehmigen, wenn leisere Flugzeuge als die von der DHL eingesetzten Maschinen vom Typ MD 11 Brüssel anfliegen. Die DHL lehnte ab.

Was den Lärmschutz in Leipzig angehe, werde sich die DHL an alle gesetzlichen Auflagen halten, sagte Post-Sprecherin Barbara Scheil. Bis der Probebetrieb im Jahr 2007 beginnt, seien auch die leiseren Frachtmaschinen vom Typ Boeing 757 im Einsatz. Rund 60 Millionen Euro sind für den Lärmschutz in unmittelbarer Flughafennähe veranschlagt.

Volkmar Stein, Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG, zu der der Leipziger Flughafen gehört, geht allerdings davon aus, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird. Anfang November erließen die zuständigen Behörden den Planfeststellungsbeschluss für die Drehung und Verlängerung der veralteten Südbahn – eine wichtige Voraussetzung für die DHL-Entscheidung. Das Regierungspräsidium Leipzig habe allerdings an die Genehmigung der neuen Südbahn noch strengere Lärmschutzauflagen geknüpft, als man sie sich selbst auferlegt hatte, sagte Stein.

Einigen Anwohnern scheint das laut Regierungspräsidium derzeit „weltweit modernste Lärmschutzkonzept“ nicht zu genügen. Sie kündigten Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht an. Nach Angaben der Interessengemeinschaft Nachtflugverbot haben sich bislang bereits über 1.000 Einwohner der Flughafenregion mit ihrer Unterschrift für ein Nachtflugverbot ausgesprochen. PHILIPP DUDEK

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