Siegertyp im Doppelpack

Bei den heute beginnenden German Open in Leipzig will das neu formierte Tischtennis-Doppel Timo Boll und Christian Süß beweisen, dass es tatsächlich auf den Spuren von Roßkopf/Fetzner wandelt

VON HARTMUT METZ

Stumm beobachtete Liu Guoliang, Cheftrainer der chinesischen Tischtennisspieler, den Siegeszug von Timo Boll und Christian Süß. Bei den China Open im Reich der Mitte war das neu formierte deutsche Doppel im September erstmals gemeinsam an den Start gegangen und hatte auf Anhieb als erste europäische Kombination seit 1988 das Endspiel erreicht. Auch wenn der 23-jährige Boll und sein 19-jähriger Partner aus Düsseldorf das Finale mit 1:4 Sätzen gegen die Lokalmatadoren Kong Linghui/Wang Hao verloren, zeigte sich der vierfache Einzel- und Doppelweltmeister Liu Guoliang beeindruckt: „Die beiden werden das erfolgreichste deutsche Doppel seit Roßkopf/Fetzner. Davon bin ich überzeugt.“

Anschließend boten Boll und Süß bei den Japan Open den Silbermedaillen-Gewinnern von Athen, Li Ching/Ko Lai Chak (Hongkong), beim 2:4 lange Zeit Paroli. Bei den Polish Open eiferte das neue Erfolgsduo endgültig seinen Kindheits-Idolen von Dortmund nach, wo Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner 1989 den WM-Titel geholt hatten: Die Kombination aus Gönnern und Düsseldorf feierte im dritten Anlauf den ersten Turniersieg. Bei den German Open, die heute in Leipzig beginnen, wollen Boll und Süß am Sonntag ebenfalls im Finale als Gewinner von der Platte gehen – passend zu ihrem Image als „Siegertypen auf internationaler Ebene“, wie es Dirk Schimmelpfennig, Cheftrainer des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), formuliert.

In der Pro-Tour-Wertung 2004 stehen die in Leipzig an Position 8 gesetzten Boll/Süß bereits auf Rang 4. Der größte deutsche Doppel-Erfolg seit 2002, als die deutsche Nummer eins zusammen mit Zoltan Fejer-Konnerth Europameister wurde. Weil aber nach dessen Abschied aus Gönnern ohne regelmäßige gemeinsame Vereinseinsätze die Erfolge mit Boll ausblieben, versuchten die DTTB-Trainer nach Olympia neue Links-Rechts-Kombinationen. Der Grenzauer Fejer-Konnerth bildet nun vorerst in einer „Testphase“, wie Schimmelpfennig betont, mit Vizeeuropameister Torben Wosik (Frickenhausen) ein Gespann.

Timo Boll, der in Leipzig auch im Einzel an die Erfolge anknüpfen will, die ihn Anfang des letzten Jahres an die Spitze der Weltrangliste führten, lobt bei seinem neuen Partner die erstaunliche taktische Reife, dass er „sein Ding durchzieht und für einen Rechtshänder einen ziemlich sicheren Aufschlag hat, der meistens kurz kommt“. Daran haperte es bei dem schlagstärkeren Fejer-Konnerth, weshalb die Gegner häufig mit leichter Hand in den Angriff übergingen.

Der Wechsel von David Daus zu Boll bedeutet für Christian Süß, den dreifachen Jugend-Europameister von 2002, vor allem mental einen Quantensprung: „Die Psyche ist eine ganz andere. Jeder zeigt vor Timos Topspins Respekt. Und ich muss weniger riskieren, weil Timo noch unglaublich viele Bälle hinten herausfischt.“ An Selbstvertrauen mangelt es dem gebürtigen Ahlener trotz allem nicht. „Wenn wir beide auf unserem Niveau spielen, gibt es nicht viele Doppel, die uns schlagen“, meint Süß. Expartner Daus ulkt: „Christian hat ja schon mit mir ganz gut gespielt – aber dass er nun auch den Timo mit durchziehen kann, spricht wirklich für ihn.“

Mit Blick auf die WM 2006 in Bremen und Olympia 2008 in Peking hält es Schimmelpfennig für ideal, ein „im Verein eingespieltes Doppel“ zu haben. Während sich der DTTB-Cheftrainer nicht zu weit aus dem Fenster lehnt, empfiehlt Süß seinem Partner Boll unverblümt einen Wechsel nach Düsseldorf. „Ihm täte ein Standortwechsel gut, wir bieten als künftiges Bundesleistungszentrum die besten Bedingungen, das habe ich ihm schon gesagt.“ Die Borussia könne lediglich „nicht die Summen“ wie Gönnern bezahlen. Boll erwägt diesmal ernsthaft den Abschied von seinem Stammverein. „Mir liegen zahlreiche Angebote aus China, Japan und Europa vor“, erklärt er schmallippig. Bis Jahresende wolle er sich entscheiden – Düsseldorf sei „ein Kandidat“.