Kluge Schüler braucht das Land

Wie fit sind Kölns Kids in Mathe, Deutsch und Englisch? Eine „Lernstandserhebung“ soll einheitliche Standards für die Schulen in NRW entwickeln helfen, um so das Pisa-Desaster zu überwinden

Von Jeanette Seiffert

In der Klasse 9a des Kölner Hansa-Gymnasiums rauchten gestern Vormittag die Köpfe: Zwei Schulstunden lang mussten sich die Schülerinnen und Schüler, wie alle ihre Leidens- und Altersgenossen in Nordrhein-Westfalen, durch eine ganze Latte von Matheaufgaben arbeiten. Eingebrockt hat ihnen das die Landesregierung: Mit einer Art „Leistungs-TÜV“ – amtsdeutsch: Lernstandserhebungen – will sie herausfinden, was die Schüler landauf, landab so drauf haben. Anhand einheitlicher Testaufgaben sollen sie zeigen, was sie in den Jahren zuvor gelernt haben und dass sie es auch anwenden können – oder eben auch nicht.

In der 9a blieb man trotzdem cool. „Gibt ja keine Noten“, meinten die meisten. Hinterher wirkten viele dann aber doch reichlich erschöpft: Es war das erste Mal, dass sie einen Test über zwei Schulstunden schreiben mussten. Einige waren auch etwas gefrustet: Zu viele und zu schwere Aufgaben, fanden sie. Andere hatten sich die Sache aber viel schlimmer vorgestellt, als es dann tatsächlich war: „Zu Anfang war ich ein bisschen schockiert, als ich das mal durchgeblättert hatte und sah: Oh Gott, das sind 22 Seiten, beidseitig beschrieben. Aber dann fand ich es eigentlich ganz leicht“, erzählt eine der Schülerinnen.

„Es ging auch gar nicht darum, dass alle Schüler alle Aufgaben schaffen“, erklärt Nicole Malzan, ihre Klassenlehrerin. Schließlich sollten mit dem Test auch Spitzenleistungen abgeprüft werden. Der gestrige Mathe-Marathon war aber nur der Anfang: In der kommenden Woche steht den Schülern drei Stunden lang eine Deutschprüfung ins Haus, acht Tage später kommt das Gleiche in Englisch.

Über den rauchenden Köpfen der Schüler schwebt natürlich, wie kann es anders sein, das Wort Pisa. Einheitliche Standards für alle Schulen heißt die Zauberformel, die über das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei der internationalen Bildungsstudie hinweghelfen soll. Anfang des kommenden Jahres sollen die Tests ausgewertet sein – dann hat es jede Schule schriftlich, ob sie zu den Besseren oder Schlechteren zählt, ob sie schwächere Schüler genügend fördert und besonders begabte entsprechend fordert.

So ganz konsequent sieht man das mit den einheitlichen Standards allerdings nicht. Ein regelrechtes Schulranking soll es nicht geben, schon allein deshalb, um dem Vorwurf zu entgehen, man vergleiche Äpfel mit Birnen. Zu unterschiedlich sind die Rahmenbedingungen an den einzelnen Schulen: Ein Gymnasium in einem Nobelviertel in Köln-Lindental mit einer Gesamtschule mitten im sozialen Brennpunkt Chorweiler zu vergleichen, das findet man im Schulministerium in Düsseldorf dann doch nicht ganz fair. Verglichen werden sollen nur Schulen, die eine ähnliche Schülerschaft aufweisen: Faktoren wie der Anteil der Kinder aus Zuwandererfamilien oder Bildungsgrad und Einkommen der Eltern spielen hier eine Rolle.

Hat man im Kölner Hansa-Gymnasium Angst vor dem Vergleich mit anderen Schulen? „Ich finde es eigentlich ganz spannend, zu sehen, wo wir stehen. Also Panik kommt hier deswegen sicher nicht auf“, versichert Lehrerin Malzan. Noch gelassener sind die Schüler selbst. „Uns interessiert das eigentlich nicht, ob wir besser oder schlechter als die Parallelklassen oder als andere Schulen sind.“