Masterplan mit blinden Flecken

Roland Weiss ist der neue Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft auf Zollverein. Seine wichtigste Aufgabe: Die zahlreichen Spieler auf dem Weltkulturerbe wieder an einen Tisch zu bringen

VON PETER ORTMANN

Das Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen ist in Gefahr, seine Zukunft zu verlieren. Über Nacht wurden in der letzen Woche die beiden Geschäftsführer Wolfgang Roters und Stefan Schwarz aus der Entwicklungsgesellschaft gekickt. „Die Depression der Beteiligten wurde immer größer“, sagt Roters, der ungern seinen Posten verlassen hat und jetzt faule Kompromisse befürchtet, die das Weltkulturerbe ins Mittelmaß drängen. Neuer alleiniger Entwickler des riesigen Geländes ist der Architekt Roland Weiss (48), Geschäftsführer der Kölner Drees & Sommer Tochter Infra Consult & Management. Seine zentrale Aufgabe ist es nun, die vielen Player auf Zollverein wieder auf einen gemeinsamen Acker zurückzuholen. „Ich will in Zukunft nicht alles allein entscheiden“, bestätigt Weiss der taz das neue Spielsystem.

Die Zeit drängt. Enorme Mittel aus der EU Strukturförderung werden verbaut – mit Zweckbindung. Zollverein will sich als internationaler High-Class Design Standort vermarkten, mit Weltausstellung „Entry“ Anfang 2006 und einem 120 Millionen Euro Masterplan von Rem Kolhaas, auf dem noch bedrohlich blinde Flecken prangen. „Das, was entwickelt wurde, wird weitergehen“, sagt Chefentwickler Weiss, der keine pyramidenförmige Entscheidungskompetenzen mag. Zwar gäbe es bei engen Zeitrahmen immer Gefahren, doch für mögliche Rückzahlung von EU-Fördermitteln keine Indizien. Die Gebäude würden alle planungsgerecht fertig, für die Design-Weltausstellung stehe die Bestellung der Kuratoren unmittelbar bevor, die Fertigstellung des neuen Besucherzentrums in der Kohlenwäsche sei gesichert.

Dennoch bleibt die Situation prekär. Noch fehlen die Investoren, die das Gelände langfristig und ohne riesige Subventionen finanzierbar machen sollen. „Das ist ein hartes Stück Arbeit“, sagt Weiss. Beim jetzigen Planungsstand sei das fast unmöglich, denn „man könne schlecht etwas vom Papier weg verkaufen“. Er hofft aber auf eine gesteigerte Nachfrage, wenn die laufenden Bauarbeiten weiter fortgeschritten seien. Dafür will er auch den qualitativen Anspruch hochhalten. „Mittelmaß ist mit mir nicht zu machen.“ Doch die Diskussion um Qualität werde natürlich auch in Zukunft anhalten. Kein Problem für Weiss. „Das Projekt Zollverein ist gut geplant und gut eingestielt,“ sagt er und mit dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden, NRW-Staatssekretär Manfred Morgenstern, habe er nun jemanden, der im Tagesgeschäft zur Verfügung stehe.

Auf dem rund 100 Hektar großen Gelände sollen das neue RuhrMuseum, die Design-Schule, ein neues Besucherzentrum und zwei Gewerbeparks entstehen, in denen sich vor allem Design-Unternehmen ansiedeln sollen. Bis zu 1.500 Arbeitsplätze erhoffte man sich dort. Doch zahlreiche Querelen zwischen Design-Zentrum, Entwicklungsgesellschaft und der Stadt Essen, die zweistellige Millionenbeträge aufbringen muss, haben in den letzten zwei Jahren viele Entwicklungen auf Zollverein gelähmt. Immer noch ist die Verkehrsanbindung des Geländes an die Stadt mangelhaft. Die hundert Tage dauernde „Weltausstellung des Designs“ wurde bereits um ein Jahr verschoben.