Erst stirbt der Wald, dann fault das Wasser

Die hohe Umweltbelastung durch Landwirtschaft und Straßenverkehr bedroht den Baumbestand in NRW. Doch auch die Trinkwassergewinnung wird durch das zunehmende Waldsterben immer schwieriger

RUHR taz ■ Wie der aktuelle Waldschadensbericht der Bundesregierung belegt, nimmt die Waldzerstörung auch in Nordrhein-Westfalen weiter zu und erreicht ein bisher nicht da gewesenes Ausmaß. „Wenn man sich an die Ängste zu Beginn der Waldsterbensdiskussion zurück erinnert, erscheint es paradox, dass heute, da die Schadensintensität zugenommen hat, das Problem gar nicht mehr so große Beachtung findet“, kritisiert der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR), Hermann Ilaender.

Die Zahl der deutlich geschädigten Laub- und Nadelbäume ist im vergangenen Jahr um weitere fünf Prozent auf 29 Prozent gestiegen, gar 49 Prozent aller Buchen sind geschädigt. Auch die so genannte Mast, also die Blüten- und Fruchtbildung der Pflanzen, gibt Anlass zur Sorge. 2004 haben viele Baum- und Straucharten, so auch die Buche, Eiche und Fichte auffällig stark geblüht. Bei der Buche hat sich daraus eine überdurchschnittlich starke Mast entwickelt.

Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) räumt ein, dass sich der Zustand des Waldes in NRW weiter verschlechtert habe. „Deshalb ist es wichtig, weiter langfristig wirkende Umweltschutz- und Waldbaustrategien jetzt umzusetzen.“ Priorität hat für das Umweltministerium die Reduktion der Abgasbelastung im Straßenverkehr sowie die Begrenzung des Schadstoffausstoßes in der Landwirtschaft. „Stabile Ökosysteme können Schäden durch die Umwelt, das Wetter oder Insekten besser verkraften, deshalb muss deren Widerstandskraft gegenüber extremen Belastungen durch nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft gestärkt werden“, so die Ministerin.

Harald Klingebiel, Forstamtmann des Regionalverbands Ruhr, weist noch auf ein weiteres Problem hin, das aus dem Waldsterben resultiert: „Weitere Waldschäden belasten auch die Lebensressource Wasser“, erklärt er. Durch fortschreitendes Waldsterben geht die Filterwirkung des Waldes immer weiter verloren, so dass Schadstoffe ungehindert im Erdboden versickern können. „Es gibt einen Zusammenhang zwischen schlechterer Trinkwasserqualität und Waldschadensgebieten – die Flächen sind deckungsgleich.“

Gerade im Ruhrgebiet habe man außerdem in Sachen Waldschäden eine ganz eigene Situation. Zwar habe man hier schon in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg die Problematik erkannt und Gegenmaßnahmen getroffen. Doch diese stellten sich heute vielfach als falsch heraus. „Mit so genannten rauchschadenresistenten Baumarten sollte das Problem gelöst werden“, erklärt Klingebiel. Dafür wurden bestimmte Kiefern- und Eichenarten aus Amerika importiert. Doch die Bäume „hielten nicht was sie versprachen“ und sterben nun wegen Pilzbefalls ab. „Das verschärft hier im Ruhrgebiet noch die Diskussion“, so Klingebiel. ULLA JASPER