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: Ja, ist denn nicht bald Weihnachten?

Gut einen Monat vor dem großen Fest hat sich die Fußball-Bundesliga auf einen geradezu österlichen Eiertrip begeben

In letzter Zeit war in der Fußball-Bundesliga überraschend viel von Eiern die Rede. Erst forderte Oliver Kahn mehr davon, dann erbat sich Felix Magath ein Ende der „Rumeierei“. Ja, ist denn nicht bald Weihnachten?

Sah man in der vergangenen Woche die deutsche Nationalelf gegen Frankreich, könnte man ja meinen, Magath meinte deren Spielweise. Stimmt aber nicht, ihm ging es um die unausgereiften Wechselgedanken seiner Zirkuspferde Hinkel und Kuranyi, denen Schalkes Obereiermann Assauer einige Euroladungen Geld hinterher zu werfen droht. „Sich sportlich verbessern wollen“ heißt zumeist die Universalausrede jener, die sich davon treffen lassen. Nun hat aber zumindest einer der beiden Umworbenen seinen Blick zwischen Kontoauszug und Tabellenstand fein justiert und festgestellt, dass er in Stuttgart unterm Strich besser dasteht. Und ließ, oh hohe Kunst der Inszenierung, seinen Nichtwechsel vom Stadionsprecher verkünden. Der sagte, es sei zwar „noch nicht Nikolaus“, aber es gebe „heute schon ein Geschenk“. Der Inhalt des Überraschungseis: Jungnationalspieler Hinkel, 21, bleibt bis 2007. Da fällt den Schwaben aber ein Hinkel-Stein vom Herzen. Wer kann heute schon so lange seinen Arbeitsplatz sichern? Das faule Ei heißt nun Kevin Kuranyi – doch der eiert erstmal weiter, was auf Kosten der Präzision aufm Platz geht.

Derweil hat am anderen Ende der Deutschlandkarte ein Spieler, der so aussieht, als würde er sich nur von Überraschungseiern ernähren, seinen Schritt Richtung Ruhrgebiet schon frühzeitig verkündet. Kleines, dickes Ailton wandert von Bremen nach Schalke, doch wo sein Fußballherz unterm stramm spannenden Trikot pocht, das verkündet er ebenso gesten- wie torreich bei jeder Gelegenheit. So wie am Samstag, als er gleich drei Mal traf und schon nach 65 Minuten stehende Ovationen entgegennehmen durfte. Der proppere Brasilianer schoss in zwölf Saisonspielen 13 Tore für Werder und kommt damit Gerd Müller erstaunlich nahe. Ein Geheimnis dessen Erfolgs war allerdings, dass er Zeit seines Lebens beim gleichen Verein kickte – und dank der dort waltenden Sozialkompetenz auch heute noch sein Auskommen hat. Müller ist Kotrainer der Regionalligatruppe des FC Bayern. Rumeier sollte er aber lieber nicht mehr anrühren.

Dass die Suche nach innerer Stärke für Fußballprofis nicht so leicht ist, wie es erscheint, zeigte in dieser Woche der Notruf von Sebastian Deisler. Aus dem „Basti-Fantasti“ ist ein „Fall für den Seelenklempner“ geworden. Und plötzlich sieht die Ball-ist-rund-Machowelt mit ihren Eier-zeigen-Ratschlägen ziemlich angeschlagen aus. ACHIM DREIS