Hisbollah-Zelle in Ägypten aufgedeckt

Die Gruppe soll Anschläge geplant haben. Oder wollte sie Waffen nach Gaza schaffen?

KAIRO taz ■ Es ist ein neues bizarres Kapitel innerarabischer Zerrissenheit. Die Regierung in Kairo wirft der militanten libanesischen Hisbollah vor, Anschläge in Ägypten, möglicherweise gegen israelische Touristen, geplant zu haben. Sicherheitskräfte durchforsten derzeit die Berge im Zentrum der Halbinsel Sinai in der Nähe der Kleinstadt Nakhl auf Suche nach 13 mutmaßlichen libanesischen und sudanesischen Hisbollah-Agenten.

Die Namen der Männer sollen bei Verhören mit weiteren 49 angeblichen Mitgliedern der Hisbollah gefallen sein, die sich vergangene Woche in ägyptischem Gewahrsam befanden, verlautet es aus Sicherheitskreisen. Bereits am Sonntag hatte der oberste ägyptische Staatsanwalt Abdel-Meguid Mahmud die 49 Verhafteten der „Destabilisierung Ägyptens“ und der „Spionage“ angeklagt. Sie sollen Informationen über Dörfer in der Nähe der ägyptischen Grenze zum Gazastreifen und über den Suezkanal gesammelt haben.

Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah hat zugegeben, dass es sich bei einem der Verhafteten namens Sami Schihab, alias Muhammad Mansour, um ein Hisbollah-Mitglied handelt. Er streitet allerdings ab, dass seine Organisation Operationen in Ägypten geplant habe. Schihabs Aufgabe sei vielmehr gewesen, militärisches Gerät von Ägypten aus in den Gazastreifen zu schmuggeln, sagte Nasrallah.

Nach einem Bericht der ägyptischen Tageszeitung Al-Masri al-Youm, der sich auf eines der Verhörprotokolle beruft, soll Schihab 2005 in Kairo angekommen sein, mit dem Auftrag, dort ein Hisbollah-Büro zu errichten. Er soll den Befehl gehabt haben, Kämpfer und Munition in den Gazastreifen zu schmuggeln. In der gleichen Zeitung zitiert dessen Anwalt Muntasser Zayat seinen Mandanten mit den Worten: „Sage Nasrallah, dass wir ihm überall hin folgen und dass ich mich dafür entschuldige, was mit seinen Kämpfern passiert ist.“ Den Vorwurf, im Auftrag der Hisbollah Attentate in Ägypten geplant zu haben, streitet er ab. Bisher hat die Hisbollah ihre Operationen im Libanon konzentriert und hatte von dort Raketen auf israelisches Gebiet geschossen. Die Planung von Anschlägen in einem anderen arabischen Land wäre ein einzigartiger Vorgang und würde eine Veränderung der bisherigen Hisbollah-Strategie darstellen.

Die israelische Tageszeitung Ha’aretz berichtete am Dienstag, dass die Hisbollah-Zelle in Ägypten mit Hilfe ausländischer Geheimdienste entdeckt worden sei. Philippe Vasset, Redakteur von Intelligence online erklärte gegenüber Ha’aretz, dass der israelische Geheimdienst Mossad und die amerikanische CIA Informationen geliefert hätten.

In arabischen Medien wird nun über den politischen Hintergrund der Affäre spekuliert. Es wird vermutet, dass die ägyptische Regierung versucht, mit Hisbollahchef Nasrallah eine offene Rechnung aus den Zeiten des Gazakrieges zu begleichen. Nasrallah hatte den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zum „Mittäter im Verbrechen gegen die Palästinenser“ tituliert, weil er die Grenze geschlossen hielt. Damals hatte Nasrallah auch an die Ehre des ägyptischen Militärs appelliert, bei Mubarak zu intervenieren. Ein Appell, der von der ägyptischen Regierung sogar als Putschaufruf verstanden worden war. KARIM EL-GAWHARY