CDU stutzt kleine Schwester CSU zurecht

Angela Merkels Sozialexperte Storm und CDU-Fraktionsvize Bosbach: Kein Kompromiss mit der CSU zu Rente und Gesundheit vor dem CDU-Parteitag. Erst müsse die „große Volkspartei“ ihr Sozialkonzept beschließen, dann könne man weitersehen

von LUKAS WALLRAFF

Was sich liebt, das neckt sich. So möchten die Spitzen von CDU und CSU ihren öffentlichen Streit um die Sozialpolitik verstanden wissen. Eigentlich sei man „ziemlich nah beieinander“, behauptete CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer gestern. Sein Münchner Pendant Markus Söder versprach, die CSU wolle die Auseinandersetzung nicht eskalieren lassen, sondern „mit bayerischem Charme“ austragen.

In der Gesundheits- und Rentenpolitik ist jedoch weiter keine Einigung in Sicht. Gegenüber der taz machten der CDU-Sozialexperte Andreas Storm und CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach deutlich, dass die CDU trotz der heftigen Kritik der CSU an den Konzepten der Herzog-Kommission festhalten werde.

Die Forderung aus der CSU nach einem Krisengipfel zwischen den Parteichefs Stoiber und Angela Merkel noch vor dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Leipzig lehnten beide Politiker ab. „Ein Spitzengespräch halte ich erst nach unserem Parteitag für sinnvoll“, erklärte Bosbach. Die Delegierten dürften keinen Kompromiss vorgesetzt bekommen. Die CDU müsse frei entscheiden können, was sie für richtig halte. Es könne sein, dass es noch „Änderungen im Detail“ gebe, sagte Bosbach. Er sei sich aber sicher, dass die Mehrheit „weitgehend“ den Herzog-Plänen samt Kopfpauschalen folge.

„Erst einmal muss die CDU ihre Positionen beschließen“, betonte auch Sozialexperte Storm. Schlichtungsversuche vor dem Parteitag hätten „keinen Sinn“. Dass der sozialpolitische Dissens der Unionsparteien damit offenkundig bleibt, ist für ihn „kein Problem“. Storm warnte vor hektischen Formelkompromissen nur um des lieben Friedens willen. Bei dem geplanten Umbau des Sozialstaats gehe es um grundlegende Entscheidungen für die nächsten Jahrzehnte. „Dafür sollten wir uns doch wenigstens drei Monate Zeit nehmen.“

Auch aus dem Umfeld von CDU-Parteichefin Merkel hieß es, dass es jetzt Kontroversen gebe, sei keine Überraschung. Merkel habe ganz bewusst den landtagswahlenfreien Zeitraum in diesem Herbst gewählt, um ihre Pläne zur Reform des Sozialstaats vorzustellen. Widerstand war eingeplant – aus der eigenen Partei und auch von der CSU.

Doch irgendwann, das ist auch Merkels Leuten klar, wird man sich einigen müssen. „Wir können uns als Union nicht ewig selbst bekämpfen“, sagt Bosbach. „Am Ende muss man zu einer gemeinsamen Lösung kommen“, weiß Storm. Nur wann? „Bis Weihnachten.“ Und wie? Die CDU will die Gelegenheit nutzen, um zu zeigen, wer die große und wer die kleine Schwesterpartei ist. Deshalb sollen in Leipzig Fakten geschaffen werden. „Wenn der Parteitag einer großen Volkspartei etwas beschlossen hat“, so Storm, „hat das natürlich besonderes Gewicht.“