Umweltschützer zittern, Unternehmer bleiben ruhig

Die Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush macht deutsche Hoffnungen auf eine bessere internationale Klimapolitik zunichte

BERLIN taz ■ Umweltverbände und Globalisierungskritiker in Deutschland haben bestürzt auf den Wahlsieg von US-Präsident George W. Bush reagiert. „Es ist tragisch, wenn das Land weitere vier Jahre in eine Richtung läuft, die wir uns weltweit nicht erlauben können“, sagte der Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Gerhard Timm, gegenüber der taz. Experten aus der Wirtschaft sehen dagegen einer zweiten Amtszeit von Bush gelassen entgegen.

Mit seiner rücksichtslosen Umweltpolitik und der Ablehnung des Kioto-Klimaschutzprotokolls hatte Bush in seiner ersten Amtszeit weltweit Umweltschützer gegen sich aufgebracht. Beim Welthandel ersetzte Bushs erste Regierung internationale Abkommen durch bilaterale Verträge. Oliver Moldenhauer vom globalisierungskritischen Bündnis Attac befürchtet, dass Bush diese Strategie weiter verfolgt. „Amerika wird noch rücksichtsloser und wird massiven zusätzlichen Druck auf die Entwicklungsländer ausüben“, sagt er. Er sieht auch wenig Chancen für eine bessere internationale Klimapolitik.

Für BUND-Geschäftsführer Timm verdient Bushs Politik in keiner Beziehung den Titel „nachhaltig“. „Durch Bushs einseitige Wirtschaftsförderungspolitik erweitert sich die soziale Schere. Das ist überhaupt nicht zukunftsfähig“, sagt Timm. Bushs Steuersenkungen für Unternehmen und Besserverdienende waren immer wieder kritisiert worden.

Die Wirtschaft sieht die Verlängerung für Bush gelassen. „Die beiden Volkswirtschaften sind so eng miteinander verflochten, dass auch politische Schwierigkeiten in der Vergangenheit die Beziehungen nicht erschüttern konnten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, der taz.

Die USA sind Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner außerhalb der EU. Rund 3.000 deutsche Unternehmen haben laut Industrie- und Handelskammertag Ableger in den USA. Sie beschäftigten dort mehr als 1 Million Menschen.

Für das kommende Jahr rechnen die deutsch-amerikanischen Auslandshandelskammern mit 4 Prozent mehr Exporten in die USA, in diesem Jahr lag das Exportwachstum bei 7,5 Prozent. Grund für den erwarteten Wachstumsrückgang: Die US-Notenbank Fed wird voraussichtlich die Zinsen erhöhen, der Dollar weiter schwächeln und Bushs Regierung will anfangen zu sparen.

Mit dem Ende der US-Steuergeschenke rechnet auch der Chefökonom des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dierk Hirschel. „Jetzt im Aufschwung ist es sinnvoll, den Haushalt zu konsolidieren“, sagte er. Insgesamt werde nicht nur die US-Konjunktur, sondern auch das Wachstum der Weltwirtschaft gedämpft. Die Wachstumsrate in Deutschland könnte damit im kommenden Jahr wieder sinken. DANIEL ZWICK