Opposition fordert Rücktritt von Saakaschwili

In Georgien verlangt die Opposition den Rücktritt des prowestlichen Staatschefs. Der Held der „Rosenrevolution“ aus dem Jahre 2004 hat seinen Nimbus verspielt. Doch was nach seinem Rücktritt geschehen soll, bleibt ziemlich unklar

BERLIN taz ■ „Mischa geh!“, skandierten die Teilnehmer einer friedlichen Großdemonstration am Donnerstag in der georgischen Hauptstadt Tbilisi und forderten den Rücktritt von Präsident Michail Saakaschwili. 150.000 Menschen hatten nach Angaben des Oppositionsbündnisses, in dem konservative wie linke Kräfte mitwirken, für einen Rücktritt von Saakaschwili demonstriert. Laut georgischer Polizei waren es nur 25.000 gewesen. Auch in anderen Städten hatten Demonstranten den Rücktritt von Michael Saakaschwili gefordert. Am Freitag versammelten sich erneut Anhänger der Opposition in Tbilisi. Die Proteste gingen weiter und man werde so lange demonstrieren, bis Saakaschwili zurückgetreten sei.

Die Opposition hatte das Datum für die Demonstration sorgfältig ausgewählt. Am 9. April 1989 waren in Tbilisi bei einer Demonstration für die georgische Unabhängigkeit 18 Demonstranten von sowjetischen Fallschirmjägereinheiten getötet worden. Bei der gestrigen Demonstration setzte die Polizei ganz auf Deeskalation. Sehr genau hatte man die Ereignisse in Moldawien beobachtet, wo Demonstranten am Dienstag Parlament und Präsidialsitz gestürmt und verwüstet hatten.

Angeführt wird der Widerstand von Nino Burdschanadse, der früheren Sprecherin des georgischen Parlaments, und ehemaligen politischen Weggefährtin von Saakaschwili sowie dem ehemaligen georgischen UN-Botschafter Irakli Alasania. In einer ersten Reaktion auf die Demonstration drückte Saakaschwili seine Bereitschaft zum Dialog mit der Opposition aus. Doch Burdschanadse lehnte ab. Dieses Angebot hätte im Herbst kommen müssen, wird sie von der Zeitung Kommersant zitiert.

Vieles spricht dafür, dass sich „Mischa“ nicht mehr lange halten wird. Die gewaltsame Niederschlagung der Demonstration vom November 2007, der Krieg gegen Südossetien, der eine Wiedereingliederung der separatistischen Republiken Abchasien und Südossetien in unerreichbare Ferne rückte und Georgiens Image in der Welt schwer beschädigte, sind eine zu große Hypothek. Auch Expräsident Eduard Schewardnase, den Saakaschwili 2003 in der sogenannten Rosenrevolution aus dem Amt gejagt hatte, glaubt nicht an einen Kompromiss. Saakaschwili müsse gehen, sagte Schewardnadse.

Doch sein Rücktritt wird Georgiens Probleme nicht automatisch lösen. Auch Burdschanadses Hoffnung, Russland werde nach Abtritt des prowestlichen Saakaschwilis die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens als eigenständige Republiken zurückziehen und die abtrünnigen Republiken würden eine Wiedervereinigung mit Georgien anstreben, dürfte sich kaum erfüllen. Vor dem Hintergrund der Krisenlage ist die im Nordkaukasus und in Südossetien stationierte 58. russische Armee in erhöhte Kampfbereitschaft versetzt worden. BERNHARD CLASEN