Köln witzig – von Tünnes zu Schäl

Am 11. 11. wurde der Karneval eingeläutet. In keiner anderen Stadt wurden dem Humor so viele Denkmäler gesetzt wie in Köln. Im Köln von Tünnes und Schäl machte die Schlitzohrigkeit auch vor geistlichen Oberhäuptern nicht Halt. Ein Stadtrundgang

Dem Tünnes kann man den Glanz an der goldenen Knollennase ablesenUrkölsche Gasthäuser sorgen dafür, dass der Humor nicht eintrocknet

von KORNELIA STINN

In einem schattigen Winkel fristen sie ein überraschend bescheidenes Dasein. Und dabei gibt es in der Stadt am Rhing kaum wichtigere Persönlichkeiten als sie: Tünnes und Schäl, die beiden Prototypen des Kölner Humors. Eigentlich, so heißt es, verkörpern sie die zwei Seelen des Kölners schlechthin. Der dünne Schäl mit seiner Bauernschläue und der füllige Tünnes, der mit seiner liebenswerten Einfalt dessen Pläne zunichte macht. Doch das ist eine lange Geschichte, derweil man in geselliger Runde ein Kölsch zur Brust nehmen oder zu Füßen des altehrwürdigen Doms flanieren kann.

Irgendwie führen in Köln alle Wege zu diesem Meisterwerk der Gotik, an dem ganze 632 Jahre lang gebaut wurde. Seit 1996 ist er Weltkulturerbe der Unesco. Auch und gerade in den närrischen Tagen wacht seine Exzellenz auf erhöhtem Podest über das Treiben der Jecken in der Altstadt. Für die wurde mit dem 11. 11. die Zeit der Hochkonjunktur eingeläutet. Dabei aber hat Närrisches in dieser Stadt das ganze Jahr über Saison. Und wo sonst wurden dem Humor so viele Denkmäler gesetzt wie in Colonia?

Genüsslich kann man von einem zum anderen pilgern, denn sie geben ihr Stelldichein im näheren Umkreis des Doms. Allen voran natürlich das Kölsche Traumpaar Tünnes und Schäl. Dem Tünnes kann man den erwähnten Glanz direkt an der goldenen Knollennase ablesen. Kein Wunder jedoch, dass die so gut poliert ist. Schließlich soll es Glück bringen, daran zu reiben. Und das ist bekannt, so wie die Nase aussieht!

Bekannt sind vor allem aber die zahllosen Witze mit dem ungleichen Paar. Wie zum Beispiel der, wo der Schäl zum Tünnes sagt (natürlich auf Kölsch): „Tünnes, weißt du, die Leute sind heutzutage so hektisch. Aber ich mache alles mit der Ruhe – essen, sprechen usw.“ Darauf der Tünnes: „Sag, gibt es denn nichts, was auch bei dir schnell geht?“ Antwort: „ Ich werde schnell müde.“

Die Figur des Tünnes ist 200 Jahre alt und gab ihr Debüt beim Puppenspieler Winters im Hänneschen-Theater als Stockpuppe. Für ihr Pendant, den Schäl, stand viele Jahre später ungewollt einer mit einem ebenfalls berühmten Namen „Modell“: Franz Millewitz, dessen Nachfahren sich Millowitsch nannten.

Er lief als Konkurrent dem Hänneschen-Theater einst den Rang ab. Dass seine Gesichtszüge der Gestalt des Schäl anhaften, ist als Racheakt von Winters zu verstehen. Nach dessen Tod gelangte jedoch sein Theater in Millewitz’ Hände. Es wurde auch später noch lange Jahre von der Familie Millowitsch betrieben. Nach mehreren Umzügen lädt es heute am Eisenmarkt zu seinen beliebten Stücken ein. Und davor wartet Willy Millowitsch. Gemütlich zurückgelehnt auf einer Parkbank legt er gern seinen Arm rastenden Flaneuren auf die Schulter.

Im humoristischen Köln des Tünnes und Schäl machte die Schlitzohrigkeit auch vor geistlichen Oberhäuptern nicht Halt. Näher als in der Person des Joseph Frings lehnt sie wohl nirgends an den heiligen Hallen des Doms an. Frings wurde im Jahre 1942 – also mitten im Krieg – Erzbischof. Es war eine Zeit, in der vielen Kölnern im Winter nicht genügend Kohle zum Heizen blieb, während sie mitansehen mussten, wie die Kohlewaggons durch die Stadt in Richtung Ausland rollten. Wenn die Züge anhielten, bedienten sie sich unerlaubterweise in ihrer Not selbst, indem einige aufsprangen und Untenstehenden so viel wie möglich Brennmaterial hinunterwarfen. Frings schließlich segnete dieses Tun in einer berühmt gewordenen Silvesterpredigt ab mit den Worten: „Wir leben in Zeiten, wo auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten, nicht erlangen kann.“

Bald machte das Wort vom „Fringsen“ augenzwinkernd die Runde und ging schließlich in das Wörterbuch der Umgangssprache ein. Auf dem Laurenzplatz in der Nähe des Kölner Rathauses lächelt die Büste von Erzbischof Frings dem Passanten entgegen.

So breitet sich eine Vielfalt vor dem Altstadt-Bummler aus, in der auch die Heinzelmännchen zu Köln nicht fehlen oder das Narrendenkmal am „Roten Funken Plätzchen“ mit dem Funken-Eid, der die Treue der ehemaligen Kölner Stadtsoldaten mit dem „Fasteleer“ beschwört.

Damit ist die Runde unten am Rhein angelangt, wo urkölsche Gasthäuser zu denkmalartigen Institutionen mutierten und nun mit „gepflegtem Kölsch“ dafür sorgen, dass der Humor nicht eintrocknet.

Weitere Informationen bei Köln Tourismus: Tel. (02 21) 22 13 04 00, Fax (02 21) 22 13 04 10, E-Mail:koelntourismus@stadt-koeln.de, www.koelntourismus.deLiteratur: „Kölner Sagen und Geschichten“. J. P. Bachem Verlag, Köln 2002, Hrg. Deutsche Sagenwelt GmbH