Traurig und einsam

„Ähnlichkeit ist keine künstlerische Kategorie“:Fotografien von Frank Krems im Altonaer Museum

Das Auffallendste: Niemand lacht oder lächelt in die Kamera. Ob Prominente oder Passanten, alle Menschen, die Frank Krems in Schwarzweiß oder Farbe abgelichtet hat, sehen bedrückt und verschlossen aus. Edmund Stoiber zieht zwar die Mundwinkel auseinander, doch Lächeln kann man diese gezwungene Pose kaum nennen. Selbst Strahlemann Westerwelle wirkt verschlossen und in sich gekehrt.

Frank Krems, der für Magazine wie Stern, Spiegel, Focus und Men‘s Health arbeitet und neben Foodstills überwiegend Porträts fotografiert, versucht in seinen Bildern „herauszufinden, wie die jeweiligen Menschen sind und anschließend festzuhalten, wie ich sie ganz subjektiv empfinde“. Die 29 im Fabrik Fotoforum gezeigten Porträts hinterlassen vor allem den Eindruck von Traurigkeit und Einsamkeit.

Nur einmal ist die Porträtierte nicht allein abgelichtet: Die Farbaufnahme „Maria mit dem Kind“ zeigt eine junge Frau, die einen Säugling im Arm hält und ihre Wange an seine schmiegt. Doch der körperlichen Nähe entspricht keine emotionale – Baby und Frau schauen ernst in entgegengesetzte Richtungen.

Ähnlichkeit ist keine künstlerische Kategorie hat Frank Krems seine Ausstellung genannt. Vielleicht weil viele Porträtierte sich auf den Fotos nicht wiedererkennen? Besonders vorteilhaft sind die zumeist halbnackt bis ganz nackt porträtierten Frauen jedenfalls nicht abgelichtet, die Krems auf der Straße angesprochen und als Modelle engagiert hat. In unvorteilhaften Posen, oft sitzend, legt der Bauch sich in Falten, die Brüste hängen, das Ambiente ist zumeist spießig und trostlos – etwa ein holzvertäfelter Raum mit karierter Couch und gesticktem Blumenbild.

Offenkundig geht es Krems nicht darum, seine weiblichen Modelle attraktiv abzulichten, die im Bildtitel nur mit Vornamen oder Abkürzungen wie „Frl. S.“, „Frl. Lylli“oder „Rita II“ genannt werden. Anonymität in Verbindung mit Nacktheit – das hinterlässt, gerade im Vergleich zu den in Anzug und Schlips gezeigten männlichen Politikern, einen unangenehmen Beigeschmack. So abgedroschen es klingt: Der Frauenkörper wird hier, auch wenn die Posen wenig lasziv sind, als austauschbare Fotoware präsentiert. Von subjektiven Befindlichkeiten keine Spur. Nur eine porträtierte Frau wird beim vollen Namen genannt: die Schauspielerin Marianne Hoppe.

„Warum keine weiblichen Politikerinnen? Wieso so viele nackte Busen und die Männer so verschlossen?“ Auf diese Fragen, gestellt im Gästebuch der Schau, weiß wohl nur der Künstler eine Antwort. Karin Liebe

Fabrik Fotoforum im Altonaer Museum, bis 25.1.2004