„Streik ist Anstoß für politische Diskussion“

Benjamin Hoff (PDS) versteht die streikenden Studenten – stützt aber die Politik von Wissenschaftssenator Flierl

taz: Herr Hoff, wann haben Sie das letzte Mal gestreikt?

Benjamin Hoff: Das war 1997/98 als Student.

Was waren da die Gründe?

Unterfinanzierung der Hochschulen, Studiengebühren und die Diskussion über die demokratische Hochschulverfassung.

Dann kommen Ihnen die jetzigen Forderungen der Studierenden ja bekannt vor. Haben Sie Verständnis für den Streik?

Ja, ich verstehe die Streiks, sie erinnern mich sehr an die Situation von damals. Ich halte sie für ein richtiges Instrument, um eine politische Diskussion darüber anzustoßen, wie man Hochschulen in Berlin und im Bundesgebiet entwickeln will. Es ist außerdem eine Solidarisierung mit Streiks, die auch in anderen Bundesländern stattfinden.

Sie haben angekündigt, dass die PDS die Forderungen der Studierenden in ihre Beratungen aufnehmen will. Wie soll das denn gehen, wo genau die Sparpolitik des Herrn Flierl Auslöser der Proteste ist?

Es ist nicht zutreffend, von der „Sparpolitik des Herrn Flierl“ zu sprechen. Wir haben es mit einer Sparpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden zu tun, für die insbesonders die Steuerpolitik der rot-grünen Bundesregierung verantwortlich ist. Trotzdem versuchen wir, die Forderungen der Studierenden aufzunehmen. In unserem Koalitionsvertrag ist etwa festgeschrieben, dass es laut neuem Hochschulgesetz ein satzungsgebendes Gremium geben soll, das viertelparitätisch besetzt werden muss. Insofern greifen wir hier eine Forderung auf.

Trotzdem noch mal die Frage nach den Kürzungen und den Studiengebühren. Da sehe ich keine Kompromisslinie zwischen Studierenden und Herrn Flierl. Wo sehen Sie die denn?

Bei den Kürzungen ist es so, dass wir uns hier in einem wirklich schwierigen Bereich befinden. Die Hochschulen haben auf Grundlage einer extrem harten Einsparungsdebatte durch Wowereit und Sarrazin selbstständig diese 75 Millionen Euro Einsparungen angeboten. Insofern wird es bei diesen Protesten nicht nur um das Protestieren gegen etwas gehen, sondern auch um eine Diskussion, was wir künftig für eine Wissenschafts- und Ausbildungsstruktur haben wollen.

Bleiben die Studiengebühren, gegen die Sie immer waren.

Nicht nur ich war dagegen. Per Koalitionsvereinbarung haben wir festgelegt, am Verbot der Studiengebühren im Berliner Hochschulgesetz festzuhalten. Die spannende Frage wird aber sein, wie man die so genannten Studienkonten definiert. Thomas Flierl hat ein Modell vorgelegt – von dem ich finde, dass das implizit Studiengebühren sind. Darüber muss sich meine Fraktion und die Koalition verständigen. Ich hoffe, dass ich mich durchsetzen kann.

Trotzdem stützen Sie die Politik von Herrn Flierl?

Ja, das tue ich. Wir beide verweisen aber darauf, dass wir in der Frage der Studienkonten eine unterschiedliche Position haben.

Berlin ist pleite. Sollten nicht auch die Studierenden ihren Teil der Einsparungen tragen?

Das tun sie doch schon. Wir haben seit 1990 einen stetigen Abbau an ausfinanzierten Studienplätzen gehabt. Die Studierenden leisten ihren Anteil bereits dadurch, dass sie ihr Studium unter extrem erschwerten finanziellen und erhöhten Leistungskriterien durchziehen. Darüber hinaus hat man sie auch finanziell schon zur Tasche gebeten, etwa durch die Einführung der Immatrikulations- und Rückmeldegebühr.

Ihre Prognose: Wie lange wird der Streik dauern?

Ach, ich bin nicht zum großen Revolutionstheoretiker geeignet. Ich kann den Studierenden nur im Rahmen dessen, was ich mir für meine eigene Hochschulpolitik wünsche, Erfolg wünschen.

INTERVIEW: SUSANNE AMANN

Hinweis: BENJAMIN HOFF, 27, wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS. Er kennt HU und FU aus eigener Erfahrung.