DIE NEUE KANZLERDEBATTE DER UNION ZEIGT: STOIBERS ZEIT IST VORBEI
: Im bayerischen Abseits

Ob Edmund Stoiber wohl des Abends in seiner Staatskanzlei sitzt und seinen Namen googelt? Die Kulturtechnik der computergestützten Selbstbeschau erfreut sich ja einiger Beliebtheit. Auf ungefähr 12.600 Treffer bringt es die Kombination „Stoiber+Kanzlerkandidat“ in derzeit 0,49 Sekunden. Die aktuelle Neuauflage der unionsinternen Kandidaten-Debatte dürfte diese Zahl noch um ein paar Treffer nach oben schnellen lassen und Stoibers Alterseitelkeit schmeicheln. Realistischer werden seine Hoffnungen dadurch nicht. Ein erneutes Duell um die Kanzlerkandidatur mit Edmund Stoiber muss Angela Merkel so wenig fürchten wie eine Begegnung mit König Ludwig II. – beide Bayern gehören der Vergangenheit an.

Selbst wenn Merkel auf ihrem Weg zum Bundestagswahlkampf 2006 noch stolpern sollte, dürfte der CSU-Chef nicht erneut zum Frontmann der Union gekürt werden. Denn anders als 2002 sind Roland Koch und Christian Wulff inzwischen ihrer Rolle als Polit-Azubis entwachsen: Zwischen diesen beiden würde derzeit wohl das Rennen um die Kandidatur ausgemacht, sollte Angela Merkel passen müssen. Trotzdem blicken Merkel-Kritiker aller Art mit stillem Wohlwollen auf den Geltungsdrang des Südländers. Solange er der CDU-Vorsitzenden das Leben und die Verhandlungen um die Kopfpauschale erschwert, müssen sie nicht jetzt schon aus der Deckung kommen.

Schon 2002 wurde Stoiber nur, was er werden wollte, weil die CDU keinen eigenen Siegertypen aufbieten konnte. Zwei Jahre später droht der CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident endgültig in jener Ecke zu landen, in der einst schon Franz Josef Strauß vergrantelte: Als bayerischer Regionalanwalt schimpft er in Richtung Hauptstadt und ärgert sich über das Echo, egal wie es ausfällt.

Retten kann ihn da auf absehbare Zeit nur eine: Angela Merkel. Erst ihr Wahlsieg 2006 gäbe ihm die Chance, noch mal auf Bundesebene zu reüssieren. So haben sich in den letzten beiden Jahren nicht nur die Machtverhältnisse zwischen Merkel und Stoiber geklärt, sondern auch die Abhängigkeiten: Allem Gerede von einer Kanzlerkandidatur zum Trotz ist er heute stärker auf sie angewiesen als umgekehrt. PATRIK SCHWARZ