Nigeria will „gläserne“ Ölindustrie

Nigerias Präsident Obasanjo kündigt die Beteiligung seines Landes an internationalen Initiativen zur Offenlegung von Zahlungen im internationalen Ölgeschäft an. Das korrupteste Land der Welt will zum Vorreiter von Transparenz werden

Obasanjo kritisiert die Komplizenschaft der Industrienationen bei Korruption in Nigeria

von DOMINIC JOHNSON

Nigeria soll zum weltweiten Vorreiter beim Kampf gegen Korruption werden. In einer Rede in Berlin anlässlich des 10. Geburtstages der Antikorruptionsorganisation „Transparency International“ kündigte der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo am Freitagabend seine „resolute“ Unterstützung für die internationale Initiative „Publish What You Pay“ (PWYP) an, nach der sämtliche Geldtransaktionen im Zusammenhang mit Ölgeschäften offen gelegt sollen. Ölkonzerne müssen demnach sagen, was sie wem in Nigeria zahlen, und die Regierung wird alle ihre Einnahmen veröffentlichen.

Nigeria ist der erste größte Ölproduzent der Welt, der sich zu PWYP bekennt. Die Initiative war im Juni 2002 vom US-Milliardär George Soros gestartet worden und wird von vielen Nichtregierungsorganisationen und Globalisierungskritikern als Mittel unterstützt, korrupte Praktiken und obskure Geschäftsbedingungen in der Ölförderung zu unterbinden. PWYP verlangt ein weltweites Regelwerk, das alle Ölfirmen zur Offenlegung ihrer Zahlungen zwingt. Als Ölkonzerne dies im vergangenen Jahr in Angola umsetzen wollten – Nigerias großen Rivalen in Afrikas Ölförderung, wo Milliardeneinnahmen aus dem Öl regelmäßig spurlos verschwinden – drohte die dortige Regierung mit Rausschmiss.

Nigeria positioniert sich jetzt als positives Vorbild. Obasanjo sagte, Nigeria sei bereits dem Programm „Extractive Industries Transparency Initiative“ (EITI) beigetreten, das Großbritannien im vergangenen Juni gegründet hatte und das die freiwillige Offenlegung von Zahlungen in der Öl- und Bergbauindustrie vorsieht. „Die Administration wird die Kontrolle des Privatsektors und der Zivilgesellschaft über die Machtausübung der Regierung fördern, indem sie Informationen über ihre Taten, Einnahmen und Ausgaben im Ölsektor zur Verfügung stellt“, sagte Obasanjo. „Zusätzlich zur Veröffentlichung von Etats, Einnahmeregistern, Statuten und Regeln wird die Administration die NNPC (Nigerias staatliche Ölgesellschaft) und die Ölfirmen ermutigen, die Einnahmen und Kosten ihrer Operationen vollständig offen zu legen“.

In einer ersten Reaktion begrüßte Shell, die größte ausländische Ölfirma im Land, Obasanjos Ankündigung. Chris Finlayson, Vorsitzender von Shell Nigeria, sagte, seine Firma veröffentliche bereits seit zwei Jahren sämtliche Zahlungen an den Staat. Er forderte sämtliche in Nigeria tätigen Firmen zur Nachahmung auf.

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas und der größte Ölförderer des Kontinents, dem Experten eine zunehmende Bedeutung im internationalen Ölgeschäft voraussagen. Es gilt zugleich als eines der korruptesten Länder der Welt. So nimmt es im jüngsten Korruptionswahrnehmungsindex von „Transparency International“ von 133 Staaten den vorletzten Platz ein. Präsident Obasanjo, dessen Amtsantritt bei freien Wahlen 1999 sechzehn Jahren Militärdiktatur beendete, hat sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben. In seiner Berliner Rede kritisierte er auch die reichen Industrienationen dafür, dass sie gestohlene Gelder aus Entwicklungsländern in ihren Bankensystemen duldeten. „Dass es keinen globalen Mechanismus gibt, um Profite aus der Korruption schnell zu repatriieren, hinterlässt einen schalen Geschmack“, so Obasanjo. In Nigeria wurden allein während der Herrschaft von Militärdiktator Sani Abacha 1995–1998 schätzungsweise 55 Milliarden Dollar Staatseinnahmen von der herrschenden Elite gestohlen und auf ausländische Konten abgezweigt. Erst drei Milliarden davon sind bisher wiedergefunden und nach Nigeria zurücküberwiesen worden.