Ewiges Kreisen um die Liebe

Jewgenij Grischkowez‘ „Planeta“ gastierte im Rahmen der Russischen Kulturtage im Thalia in der Gaußstraße

Es gebe ein Wort, sagt Jewgenij Grischkowez, das er in seiner Muttersprache niemals aussprechen könne. Und wenn doch, bekomme er einen schrecklichen Hustenanfall. Es ist das Wort „Liebe“. Und doch redet Grischkowez in seinem 100-minütigen Monolog Planeta über nichts anderes. So viele philosophische Höhenflüge er auch antritt, am Ende landet er doch immer wieder bei der einen, zentralen Frage: Wo finde ich die Liebe?

Auf seiner Suche kreist der einsame Großstadtheld um einen Mikrokosmos: Ein hell erleuchtetes Fenster, hinter dem eine Frau lebt, stellvertretend für tausende Fenster in einer anonymen Metropole und für alle Möglichkeiten, die sich dahinter verborgen halten könnten. Doch anstatt anzuklopfen bleibt Grischkowez außen vor und versteckt sich hinter seinen Worten.

Seine im Plauderton gehaltenen Stücke haben den sibirischen Theatermacher in Russland bekannt gemacht. Grischkowez ist in seinen Inszenierungen stets Autor, Regisseur und Schauspieler in einem. Für Planeta hat er erstmals eine Partnerin (Anna Dubrowskaja) auf die Bühne geholt. Doch eine Interaktion zwischen beiden findet nicht statt. Mann und Frau umkreisen sich wie zwei Planeten, von denen keiner in die Umlaufbahn des anderen gerät.

In seine Erzählung mischt Grischkowez Beiläufiges, Platitüden aber auch immer wieder poetische Betrachtungen. In diesen Momenten, wenn sich seine Stimme mit der träumerischen Hintergrundmusik vermengt, entwickelt die Geschichte einen magnetischen Sog. Plötzlich kann man die an- und abschwellenden Geräusche einer Bar hören oder findet sich wieder in einem Moskauer Taxi auf einer Reise in die Nacht.

Doch es bleibt bei diesen kurzen Momenten. Dazwischen muss das Publikum zahlreiche Durststrecken überwinden, in denen Klischees vom alltäglichen Geschlechterkampf abgespult werden. Und bei all dem kann sich Grischkowez nicht entscheiden, ob er die Rolle des verträumten Poeten oder die des Großstadtzynikers einnehmen will. In diesem Konflikt bleibt die Inszenierung stecken: Die Zuhörer schwimmen in Grischkowez‘ Redefluss davon. Carolin Ströbele