Senator Böger lernt Jura

Das Schreiben der Schulverwaltung, das das Kopftuchtragen im Unterricht verbietet, ist rechtlich nicht zulässig. Das hat auch Bildungssenator Böger erkannt und die Anordnung deshalb für nichtig erklärt

von SUSANNE AMANN

Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts haben den Vorteil, dass sie deutschlandweit gelten – und damit auch für Berlin. Das haben die hausinternen Juristen des Senators für Bildung, Jugend und Sport diesem inzwischen wohl auch mitgeteilt. Denn Klaus Böger (SPD) wies gestern darauf hin, dass Lehrern das Tragen von Kopftüchern in Schulen nur durch ein neues Gesetz verboten werden könne – und nicht durch die vorherrschende Rechtsmeinung in seinem Haus.

Damit reagierte Böger auf einen Brief seiner Verwaltung, in dem der Dienststellenleiter der Region Mitte die Schulleiter seines Bezirks aufgefordert hatte, ihren Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts zu verbieten (die taz berichtete). Noch am Dienstag hatte es aus der Sentasverwaltung geheißen, man habe den Brief zwar nicht zu verantworten, sei aber inhaltlich mit ihm einverstanden. Und weiter: Trotz des anders lautenden Verfassungsurteils sei man bereit, es hier bis zum In-Kraft-Treten eines neuen Gesetzes notfalls auch auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen.

Nachdem man den Brief in der Verwaltung genauer gelesen und sich mit den hausinternen Juristen beraten hat, sieht man das jetzt anders: Die Aufforderung des Dienststellenleiters, „das Tragen von Kopftüchern zu untersagen“, beruhe auf einem Missverständnis. „Das ist zurzeit rechtlich nicht zulässig“, weiß plötzlich auch Klaus Böger. Der betroffene Dienststellenleiter sei einem Rechtsirrtum unterlegen und habe diese Anweisung nach einer internen Diskussion erteilt, heißt es weiter aus dem Hause Böger.

„Es wäre eine Ungeheuerlichkeit, wenn die Verwaltung ohne gesetzliche Grundlage eine solche Anweisung herausgeben würde“, sagt Öczan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen. „Das widerspräche komplett dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.“

Denn das fordert Gesetze, bevor Verbote ausgesprochen werden können. Böger sagte deshalb gestern weiter, man brauche eine „klare Regelung“, die das „Tragen auffallender religiöser oder weltanschaulicher Symbole“ im öffentlichen Dienst untersage. Zusammen mit der Senatsverwaltung für Inneres arbeitet seine Verwaltung an einer Ergänzung der bestehenden Gesetze. Der Entwurf dafür liegt vor, muss aber im Senat noch beraten werden. Sollte es in den Koalitionsparteien SPD und PDS keinen Protest geben, könnte das neue Gesetz Anfang Januar in Kraft treten. Dann wäre das Verbot, mit Kopftuch zu unterrichten, rechtlich zulässig.