und sonst?
: Der Streit um die Moscheen

Planungen in Berlin: Insgesamt gibt es derzeit in Berlin neun große Moscheebauprojekte. Kurz vor der Fertigstellung steht die prachtvolle Sehitlik-Moschee am Neuköllner Columbiadamm. Die Moschee gehört zur Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), einer Gründung des türkischen Staates. Streit bei dieser Moschee gab es nur, weil Minarette und Kuppel höher gebaut wurden, als genehmigt war.

Der Verein „Inssan“ plant ein großes Kulturzentrum mit Moschee in der Neuköllner Pflügerstraße. Nach Angaben des Verfassungsschutzes hat der Verein Verbindungen zu der islamistischen Muslimbruderschaft. Neuköllns CDU-Baustadträtin Stefanie Vogelsang versucht mit allen Mitteln, das Projekt zu verhindern. Um die Baugenehmigung wird noch gestritten.

Auf dem alten Bolle-Gelände an der Wiener Straße in Kreuzberg will der „Islamische Verein für wohltätige Projekte“ das Maschari-Center bauen, eine große Moschee mit vier Minaretten, Läden und Büros. Die Baugenehmigung liegt vor, der Bau aber hat noch nicht begonnen. Unklar ist, wie der kleine Verein das 10 Millionen Euro teure Center finanzieren will. Kritiker macht das skeptisch, zum Beispiel den Islamwissenschaftler Ralf Ghadban. Seiner Ansicht nach gibt sich sich der Verein zwar politisch liberal, er gehöre aber einer radikalen Strömung an.

Die anderen sechs Großbauprojekte werden von der umstrittenen Islamischen Föderation betrieben: Neben dem Mevlana-Kulturhaus in Kreuzberg und dem Haci-Bayram-Kulturhaus im Wedding (siehe Text) sind in der Kreuzberger Falckensteinstraße, in der Moabiter Stromstraße, der Schöneberger Hauptstraße und der Schöneweider Straße in Neukölln Bauprojekte in Planung.

Hilfe beim Moscheebau: Deutschlandweit gibt es „gelungene“ und „gescheiterte“ Moscheeprojekte. Neben baurechtlichen Fragen ist dabei entscheidend, wie miteinander kommuniziert wird. Nicht selten polarisiert der Konflikt stark, die Debatte gleitet in populistische und fremdenfeindliche Polemik ab. Eine Veröffentlichung der Herbert-Quandt-Stiftung (herausgegeben von Claus Leggewie und anderen) gibt Anregungen, wie die Diskussion sachlich bleiben kann:

Will ein Verein eine Moschee errichten, darf für die Planer nie allein die Perspektive des Bauherren bedeutsam sein. Was will man selbst und wie wird das Projekt von der Nachbarschaft und den Behörden gesehen? Für den Verein ist es wichtig, eine Balance zwischen den eigenen Repräsentationswünschen und den finanziellen Ressourcen zu finden. Viele Moscheeprojekte scheitern nicht an der Umwelt, sondern an der mangelhaften Vorbereitung. Wichtig ist es, sich ein Bild der Interessen und Vorstellungen der Anrainer zu machen. Dann sollten die Initiatoren nicht an einer guten Bauberatung sparen. Die Antragsteller müssen sich im Klaren darüber sein, dass es beim Baurecht und der Bauordnung keinen Spielraum gibt.

Ist es bereits zum öffentlichen Konflikt um das Projekt gekommen, bietet sich ein runder Tisch mit allen Parteien an. Die meisten Moscheevereine unterschätzen immer wieder die Bedeutung einer guten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Kommunalpolitik, christliche Kirchen und Bürgerschaft spielen ebenfalls eine wichtige Rolle auf dem Weg von der Idee zur Realisierung einer Moschee. Legen Politiker und Bezirksverantwortliche eine offene und konstruktive Haltung an den Tag, haben es Projektgegner schwerer mit einer radikal ablehnenden Haltung. Eine aktive Information der Bevölkerung ist geboten. AW, SAM