Viervierteltaktvehikel

Inspiriertes Knöpfchendrehn mit „Stella“

Verfolgt man den Werdegang der Hamburger Band Stella anhand ihrer Platten, so scheint eine schleichende musikalische Normalisierung feststellbar. Den kantigen No-Wave-/Punk-Sound des Anfangs lockerten sie auf Album Nr. 2, durchaus ungewöhnlich, mit Hilfe von House- und 2-Step-Anleihen auf. Ihr neuestes Album favorisiert einen recht straighten Rock-Sound. Und so startet Frontfrau Elena Lange das Konzert im Güterbahnhof mit einem „Jetzt wird gerockt.“

Das stimmt in jeder Hinsicht. Die erste Hälfte des Sets setzt sich aus den punkigen und rockigen Songs zusammen, die nicht minder rockenden Dance-Stücke heben sich Stella für die zweite Hälfte auf. Während diese Stücke früher äußerst unterhaltsam in einer Art Karaoke- und Tanzdarbietung von Lange und Schlagzeuger Mense Reents dargeboten wurden, sind sie mittlerweile, dank der inspirierten Knöpfchendreherei von Hendrik Weber und Tausendsassa Thies Mynther, voll integriert. Und spätestens als der harte Techno-Beat des DJ-Naughty-Remix von „Extralife“ zuschlägt, kocht der Saal.

Gerade Thies Mynther verbindet mit seinem rhythmischen Keyboardspiel und den gelegentlichen schrägen Soundeffekten die scheinbar so getrennten Welten Rockkonzert und Dancefloor. Da erscheint dann der pushende 4/4tel-Beat ein genauso gutes Vehikel für die Politisches mit Persönlichem verbindenden Texte wie der abgehakte Post-Punk-Rhythmus.

Stella sind also nicht „normaler“ geworden, sondern erweitern ihren Sound von Platte zu Platte und Konzert zu Konzert um neue Facetten. So souverän wie an diesem Abend hat selten eine Band auseinander strebende Musikkonzepte zusammengeführt. Dieter Wiene