Handwerk ist nur die eine Seite

Altenpflege ist ein krisensicherer Beruf. Im Rahmen ihrer Berufserkundungswoche erhalten Kölner SchülerInnen in der Diakonie Michaelshoven Informationen über Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten

von Sandra Pingel

Für AbiturientInnen ist Altenpflege erst mal ein ungewöhnlicher Beruf. Und zunächst scheinen sich die elf Schülerinnen und Schüler auch mehr für die bereit gestellten Kekse zu interessieren als für die Informationen der Pflegewissenschaftlerin Sabine Felder. Im Zuge ihrer Berufserkundungswoche sollen die SchülerInnen des 12. Jahrgangs der Gesamtschule Rodenkirchen in der Diakonie Michaelshoven mehr über Altenpflege erfahren. Nur einer von vielen Terminen in den letzten Tagen: „Wir waren schon beim WDR, jetzt geht es unter anderem noch zur Sporthochschule“, erzählt ihre Lehrerin Eva de Voss.

Und doch unterscheidet sich der Termin in der Altenpflegestation im Kölner Süden von den anderen. Zu diesem Thema hat jede/r eine Geschichte zu erzählen. Bei einem Mädchen wohnen die Großeltern mit im Haus, andere erleben die Pflege Angehöriger in Heimen oder durch ambulante Dienste. Die 97-jährige Oma von Ahmir etwa wird auf den Philippinen von der dortigen Familie versorgt.

AltenpflegerInnen sind gefragt. Die Menschen werden immer älter, während die Geburtenrate sinkt. „Und durch die Akademisierung ist die Sparte auch für AbiturientInnen zunehmend interessant“, meint Sabine Felder. Seit April diesen Jahres leitet sie das Fachseminar für Altenpflege der Diakonie Michaelshoven. Nach ihrer Lehre hat sie sich unter anderem durch ein Hochschulstudium konsequent weitergebildet.

„Die Ausbildung dauert weiterhin drei Jahre“, sagt Felder. Auch für AbiturientInnen verkürze sich diese Zeit nicht. Die Auszubildenden sollen nicht nur die selbstständige und eigenverantwortliche Pflege alter Menschen lernen, sondern auch die Betreuung Sterbender sowie deren Angehöriger. „Die Lebensbegleitung und Betreuung der alten Menschen gehört ebenso zum Beruf wie die Pflege“, meint Felder. Ein Bereich, der aus ihrer Sicht zu häufig nicht beachtet wird. „Blutdruckmessung und andere Handwerkstechniken bilden nur eine Seite des Berufs“, sagt die 44-jährige.

Mehr als 30 deutsche Fachhochschulen und Universitäten bieten inzwischen die Diplomstudiengänge Pflegemanagement, -pädagogik oder -wissenschaft an. So ist das Fach Pflegemanagement von wirtschaftlichen Aspekten dominiert, das Studium der Pflegepädagogik soll zur Aus- sowie Fort- und Weiterbildung Lernender befähigen. Die Pflegewissenschaftler befassen sich mit der Beratung sowie der Qualitätsentwicklung.

„Diese seit zehn Jahren bestehende Akademisierung des Berufs ist noch relativ unbekannt“, sagt Felder. Sie habe sich in der Branche aber schnell etabliert. An der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln etwa können Pflegemanagement und -pädagogik berufsbegleitend studiert werden.

„Nach der Ausbildung stehen AltenpflegerInnen alle Möglichkeiten offen“, meint Felder. So könnten sie beispielsweise Dienst auf einer Station verrichten oder auch im ambulanten Dienst arbeiten. Das Studium des Pflegemanagements kann dann dazu befähigen, sich mit einem eigenen ambulanten Dienst selbstständig zu machen.

Und die Arbeitsmarktchancen sind gut. Die Diakonie übernimmt einen Großteil ihrer Auszubildenden. Denn die Probleme einer immer älter werdenden Gesellschaft lassen sich auch durch eine Zukunftsvision der Bundesbildungsministerin nicht beheben. Edelgard Buhlman sagte jüngst auf einer Tagung die Möglichkeit eines Einsatzes von Robotern in der Altenpflege bis 2020 voraus.

Ahmir und seine KlassenkameradInnen interessieren sich während ihrer Berufsorientierung in der Diakonie zwar mehr für die Blutdruckmessung. Kalt gelassen hat sie der Vormittag aber keineswegs. Am Ende zeigt zwar keine/r von ihnen große Ambitionen, später mal in der Altenpflege zu arbeiten. Aber, so sagen zumindest die Jungen einstimmig, im Rahmen des Zivildienstes in der Pflege und Betreuung alter Menschen tätig zu sein, könnten sie sich vorstellen.