„Starsailor“ in der Großen Freiheit
: Breitwand-Epos-Feeling

Als das Quartett Starsailor aus dem mittelenglischen Wigan im Herbst 2001 seinen ersten Longplayer Love Is Here veröffentlichte, war die schnell entflammbare britische Musikpresse von der emotionalen Intensität der Band beeindruckt. Klingen sollte das Album nach Bekunden der Band wie eine Mischung aus Jeff Buckleys LP Grace und Neil Young‘s Harvest. Heraus kam ein ganz eigener, ebenso melancholischer wie virtuoser Sound, der die Gruppe um den Sänger und Gitarristen James Walsh von Landes- und Genregenossen wie Coldplay, Travis oder Muse abgrenzte. Thematisch kreisten die Balladen um Alltagsprobleme, miese Jobs, Gefühle von Perspektivlosigkeit, Gebrochenheit und Verzweiflung in Liebesdingen. Natürlich wurde Love Is Here ein Millionenseller.

Auf dem im September dieses Jahres veröffentlichten Nachfolger Silence Is Easy nun hat James Walsh die Bemühungen abgelegt, die Nachfolge der Folk-Rock-Legenden Jeff Buckley und dessen Vater Tim – dessen experimentelles Jazz-Folk-Album Starsailor (1970) für den Bandnamen Pate stand – anzutreten. Walsh versucht sich nicht mehr in den allzu hohen Tonlagen. „Ich fühle mich beim Singen wohler. Love Is Here durchzusingen, war für meine Stimme sehr anstrengend. Nach sechs Monaten auf Tour lebte ich nur noch von Zitrone mit Honig. Dann hörte ich Kris Kristofferson und Johnny Cash, und das war eine Offenbarung für mich“, erklärt Walsh. „Das war mir lieber, als in jeder Zeile eine quälend hohe Note treffen zu müssen.“

Die neuen Songs sind kräftiger und rockiger. Die Band spielt befreiter und unprätentiöser. Beim Intro von „Bring My Love“ fühlt man sich an The Coral erinnert. Ist das beabsichtigt? „Nein. Das ist wohl Zufall. Aber ich liebe The Coral. Sie machen zeitlose Songs, die noch eine ganze Weile Bestand haben werden. Sie sind eine meiner Favourites, was neue Bands angeht. ‚Bring My Love‘ habe ich ein paar Wochen nach der Geburt meiner Tochter geschrieben. Es ist ein Dankeschön an meine Freundin für dieses Geschenk.“

„Four To The Floor“, ein smarter Dance-Hit, ist eine gelungene Synthese aus Motown-Beat mit fettem Sound und britischer Melodiösität. „Ja, wir wollen uns abgrenzen“, sagt Walsh, „von Bands wie den White Stripes und den Strokes, obwohl ich ihre Musik mag. Sie klingen aber so dünn – ich stehe mehr auf dieses Breitwand-Epos-Feeling.“ Phil Spector, der in den 60ern den Wall-Of-Sound erfand und unter anderem mit John Lennon und Brian Wilson arbeitete, wollte das neue Album produzieren. Nach einem Monat war die Zusammenarbeit mit der Produzenten-Legende aber bereits beendet. „Die beiden Tracks, die wir mit ihm gemacht haben, waren genial“, so Walsh. „Aber Spector ist dafür bekannt, dass er total die Kontrolle übernimmt. Als wir ihm erzählten, dass wir nicht die ganze Platte mit ihm machen wollen, war er natürlich enttäuscht.“ Derweil steht Spector unter Verdacht, eine 40-jährige Schauspielerin erschossen zu haben, und erwartet die Eröffnung seines Verfahrens.

CARSTEN KLOOK

mit Bell X1: Donnerstag, 19.30 Uhr, Große Freiheit 36