Banken fusionieren

Die Bank of America schluckt FleetBoston und wird zweitgrößtes Institutder USA. Auch in Europa werden in naher Zukunft Bank-Fusionen erwartet

„Die Rentabilität der deutschen Institute ist für die US-Banken einfach zu niedrig“

von KATHARINA KOUFEN

Jenseits des Atlantiks kommen Elefantenhochzeiten wieder in Mode. Anfang 2004 soll die zweitgrößte Bank der USA entstehen: Dann will die Bank of America, derzeit dort drittgrößtes Geldhaus, die Nummer sieben FleetBoston übernommen haben. Preis: 47 Milliarden Dollar. Die Megabank wird J.P. Morgan vom zweiten Platz der Geldhäuser verdrängen. Platz eins hält die Citibank.

Die Bank of America bietet den Aktionären von FleetBoston 45 Dollar für jede Aktie und damit eine Prämie von über 40 Prozent auf den Schlusskurs von vergangener Woche. Das steigerte die Attraktivität der Aktie derart, dass ihr Kurs innerhalb von Stunden um 25 Prozent stieg. Die Titel der Bank of America hingegen verloren an Wert – wie es häufig bei übernehmenden Firmen der Fall ist. Zu unsicher erscheint den Börsianern der Ausgang einer solchen Megafusion.

Dabei erhofft sich die Bank of America von der Übernahme nur das Beste: Sie will Kosten in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar einsparen plus rund 200 Millionen Dollar durch „Synergiepotenzial“, so Finanzverstand James Hance. Ob damit auch Entlassungen verbunden sind, wurde nicht bekannt. Dem stehen allerdings 800 Millionen Dollar gegenüber, die die Bank für „Restrukturierungsmaßnahmen“ aufbringen muss. Außerdem soll die Übernahme der regionalen FleetBoston-Filialen das Geschäft im Nordosten stärken, ihrem „größten Loch auf der Landkarte“, wie es ein Analyst beschreibt. Das fusionierte Geldhaus wird 180.000 Menschen beschäftigen, 2,5 Millionen Firmenkunden haben und in 34 Ländern vertreten sein.

Die Fusion ist die zweitgrößte in der Geschichte der Bank of America, seit diese 1998 aus der Verschmelzung der BankAmerica und der NationsBank entstanden ist. Damals zahlte die NationsBank sogar 57 Milliarden Dollar an den Übernahmepartner.

Weil dies nun schon die vierte Fusion binnen kurzem ist, sprechen einige Analysten bereits von einer neuen Fusionswelle. In der Tabakbranche wurde gestern die geplante Zusammenführung von RJ Reynolds und Brown & Williamson bekannt. Der Deal kostet vergleichsweise schlappe 6,2 Milliarden Dollar. Kurz zuvor hatte die Krankenversicherung Anthem angekündigt, den Konkurrenten Wellpoint für 16,4 Milliarden zum größten amerikanischen Gesundheitsversicherer zu fusionieren. Zudem schlossen sich zwei weitere US-Versicherungen zusammen. In Europa nährte die Fusion die Übernahmefantasien der Börsianer. Bankaktien legten zu – allen voran die Commerzbank und die Hypovereinsbank, die als bevorzugte Kandidaten gelten. Fusioniert würde aber, wenn überhaupt, in erster Linie zwischen den Konkurrenten innerhalb des Kontinents. So erwägt die Schweizer Credit Suisse Group ein stärkeres Engagement in Deutschland. Auch die französische PNB Paribas und die Royal Bank of Scotland denken über kleinere Übernahmen nach.

Dass jedoch der neu entstehende US-Riese in nächster Zeit ein Auge auf europäische Finanzhäuser werfen könnte, glauben Experten nicht. „Die Rentabilität der deutschen Institute ist für die US-Banken einfach zu niedrig“, glaubt Sebastian Reuter von der Helaba. Sowohl die Commerzbank als auch die Hypovereinsbank müssten, anders als die hoch rentablen amerikanischen Banken, erst einmal aus den roten Zahlen kommen.