Ein Profi der teilnehmenden Beobachtung

Der Kölner Fernsehproduzent Michael Schomers packt unbequeme Themen an. Als „Undercover“-Reporter tauchte er vor Jahren in die rechte Szene ab. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger geht es für den engagierten Journalisten nicht

Sieben Monate tauchte der Kölner Journalist Michael Schomers Anfang der Neunzigerjahre unter falschem Namen bei den „Republikanern“ unter. Der 56-Jährige dokumentierte als Parteimitglied, was hinter den Kulissen der rechten Szene passierte – auch am Beispiel des Kölner Kreisverbandes. Für ein anderes Reportagethema setzte sich Schomers hinter das Steuer eines Gefahrenguttransporters, um über Missstände auf deutschen und europäischen Straßen zu berichten.

Seither sind einige Jahren vergangen, seinen Hang zu abenteuerlichen Exkursionen jedoch hat sich der „Undercover“-Journalist erhalten. „Wenn es etwas gibt, über das es wichtig zu berichten ist, werde ich mich jeder Zeit ins Abenteuer stürzen.“ Michael Schomers sitzt am Kölner Friesenplatz in einem kleinen Straßencafé und richtet den Blick durch die verregneten Fensterscheiben. Gedanklich scheint er in diesem Moment schon nicht mehr in Köln zu sein.

„Im vergangenen Jahr war ich in Palästina“, erzählt Schomers. Dort habe er Bauern besucht und über den Alltag der Menschen berichtet, die in Krisengebieten leben müssen. „Gerade bei Themen, wo die Meinungen doch sehr auseinander gehen, ist es immer wichtig, beide Seiten im Auge zu behalten und sich selbst ein Bild zu machen“, meint er.

Der Gefahr, der er sich auch mal aussetzt, ist sich Schomers stets bewusst. Dennoch „muss es ja immer jemanden geben, der nachschaut, was passiert, denn meist ist es ja nur die Spitze des Eisbergs, die die Öffentlichkeit zu sehen bekommt“. Gerne läuft der professionelle Beobachter, wie er einräumt, dabei auch mal mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Welt.

Als er 1990 in die rechte Szene abtauchte, Parteimitglied im Kölner Kreisverband der „Republikaner“ wurde, glaubte er wohl selbst nicht daran, dass diese Thematik auch gut zehn Jahre später wieder brandaktuell sein würde. „Dieselben Hauptakteure, die ich damals im Kölner Kreisverband der ‚Republikaner‘ erlebt habe, sind heute wieder bei „Pro Köln“ aktiv.“ Schomers sieht in dieser Bewegung eine große Gefahr. „Wie in Sachsen und Brandenburg geschehen, sind es hauptsächlich junge Leute, Erstwähler, die in die extremen Parteien streben, die sich als Bürgerbewegung gebärden. Dabei vergessen die Wähler, dass alles nach dem gleichen Strickmuster passiert und dass hinter den Sprüchen gefährliche Botschaften stecken“, sagt Schomers. Und das passiere hauptsächlich deshalb, „weil keiner klar sagt, wer da eigentlich agiert und was da überhaupt los ist.“

Für Michael Schomers gehört es zu seinem journalistischen Auftrag, auch bei unbequemen Themen an der Oberfläche zu kratzen. „Eigentlich möchte ich über politisch Kritisches informieren, andererseits merke ich auch, dass dieser Ansatz im Zeitalter von „Casting-Shows“ und „Doku-Soaps“ immer mehr in den Hintergrund rückt.“ Das Publikum bestehe mit Sicherheit nicht nur aus Menschen, die sich kritischen Dingen entziehen möchten, auch wenn dies einige Produzenten vielleicht meinten, glaubt Schomers. „Und was der Zuschauer schließlich sehen oder lesen möchte, das sollten wir doch ihm selbst überlassen.“

Im Dezember wird der Kölner Fernsehjournalist für ein paar Wochen nach Kambodscha fahren. Ziel seiner Reportagereise ist es diesmal, über Kinderarbeit zu berichten. „Solche Themen liegen mir nicht nur als Journalist am Herzen“, sagt Schomers.

Stefanie Liebl

Die Dokumentation „Deutschland ganz rechts – Sieben Monate als Republikaner in BRD & DDR“ ist im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienen.