SPD hofft auf grünen Rückzieher

Die Stuttgarter Oberbürgermeisterwahlen blieben vorerst ohne Ergebnis. Nun folgte eine Stichwahl am 24. Oktober. Der Grüne Boris Palmer ist bereit, seine Kandidatur zurückzuziehen – aber nur wenn der Tiefbahnhof Stuttgart 21 aufgegeben wird

AUS STUTTGART HEIDE PLATEN

Lange Gesichter gab es bei den Grünen, auch bei der SPD war man nicht begeistert und bei der CDU kam ebenfalls keine Sektlaune auf. Die Stuttgarter Oberbürgermeisterwahlen am Sonntag haben zur Abwechslung einmal nicht nur Sieger, sondern unübersehbar drei Verlierer hervorgebracht, die nur mäßige Zufriedenheit signalisieren konnten.

Mit 43,5 Prozent der Stimmen verfehlte Amtsinhaber Wolfgang Schuster (CDU) die absolute Mehrheit. Die SPD-Kandidatin Ute Kumpf lag mit 32,8 Prozent zwar vor dem Grünen Boris Palmer, aber weiter hinter Schuster, als sie erhofft hatte. Für die Grünen reichte es mit 21,5 Prozent in der baden-württembergischen Landeshauptstadt wieder nur zu einem Achtungserfolg. Nur 46 Prozent der 395.000 Wahlberechtigten gingen an die Urnen. Die Stichwahl wird am 24. Oktober stattfinden und mit einfacher Mehrheit entschieden.

Das erinnert an die Situation vor acht Jahren, als der in der Stadt bekannte und beliebte Grüne Rezzo Schlauch gegen Schuster angetreten war und den zweiten Platz erreichte. Die Sozialdemokraten dachten damals gar nicht daran zurückzuziehen, schickten neben ihrem weit abgeschlagenen ersten Kandidaten einen zweiten in die Stichwahl und nahmen Schlauch damit jede Chance. Diesmal hatte Ute Kumpf schon im Vorfeld versichert zurückzuziehen, falls sie als Schlechteste abschneiden sollte: „Die Geschichte wiederholt sich nicht.“

Der Grüne Boris Palmer sieht nun die SPD im Zugzwang: Der Sieger müsse „den Verlierer anrufen“, um über einen Rückzug von der Kandidatur zu verhandeln. Er werde für alle Vorschläge offen sein, sich aber auf keinen Fall von bundespolitischen Vorgaben seiner Partei beeinflussen lassen. Allerdings stellt Palmer Bedingungen. So werde er keinen Kandidaten unterstützen, der „für Stuttgart 21 kämpft“. Das teure Mammutprojekt will den Hauptbahnhof unter die Erde verlegen. Es hatte Palmer die Sympathien vieler Schwaben eingebracht, dass er diesen Plan entschieden ablehnt und einen Bürgerentscheid fordert. Gestern nun erklärte Palmer, er wolle sowohl mit Schuster wie mit Kumpf reden. Er habe seinen Stimmenanteil nicht „für mein Alter, mein Parteibuch oder mein Geschlecht“ bekommen, sondern für seine „klaren inhaltlichen Vorstellungen“. Dazu gehöre es auch, den Flächenverbrauch in der Großstadt zu stoppen, den Verkehr zu beruhigen, die Luft zu verbessern.

Kumpf hatte sich im Wahlkampf zu Stuttgart 21 nicht eindeutig geäußert. Kumpf will die Positionen von Palmer jedoch nicht unbedingt übernehmen: „Darüber muss man noch reden.“ Dennoch rechnet sie sich für die Stichwahl gute Chancen aus, denn immerhin habe über die Hälfte der Wähler gegen Schuster entschieden.