Keine Pflicht zum Sozialplan

Ver.di schlägt Alarm: In einem Gutachten weist der Hamburger Arbeitsrechtler Jens Gäbert auf die Risiken einer Ausgliederung von kleinen Karstadt-Filialen hin

Nach der geplanten Ausgliederung von 77 kleineren Karstadt-Filialen in eine neue Gesellschaft ist zunächst kein Sozialplan möglich. Zu diesem Schluss kommt der Hamburger Arbeitsrechtler Jens Gäbert in einem Kurzgutachten, das der hiesige Landesverband der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gestern verbreitet hat. Da der Karstadt-Konzern bislang nicht mitgeteilt habe, dass ein bereits bestehendes Unternehmen die 77 Kaufhäuser mit einer Verkaufsfläche von weniger als 8.000 Quadratmetern übernehmen solle, sei davon auszugehen, „dass ein Unternehmen wahrscheinlich in Form einer GmbH neu gegründet wird“, argumentiert der Jurist.

Sofern diese Neugründung jedoch nicht im Zusammenhang mit einer rechtlichen Umstrukturierung des Karstadt-Konzerns stehe, bestünde nach dem Betriebsverfassungsgesetz „für die ersten vier Jahre nach der Neugründung keinerlei Sozialplanpflicht“. Gäberts Resümee: „Das bedeutet, dass das neu gegründete Unternehmen Kaufhäuser schließen und Entlassungen vornehmen könnte, ohne dass auch nur ein Euro Abfindung gezahlt werden müsste.“

Selbst bei Vorliegen einer Sozialplanpflicht würden die Leistungen „erheblich geringer ausfallen“, argumentiert Gäbert weiter. Der Grund: Ein neues Unternehmen würde nicht über die Finanzkraft der Warenhaus AG verfügen. Karstadt könnte durch die Ausgründung einen Personalabbau „mit erheblich geringeren Kosten durchführen, als wenn diese Unternehmen im Warenhausverbund belassen werden würden“.

„Das wäre wirklich der Gipfel, wenn den Beschäftigten durch diese Ausgliederung am Ende auch noch die Möglichkeit zu einem Sozialplan genommen würde, kommentierte ver.di-Landesvize Ulrich Meinecke das Gutachten. Die Gewerkschaft erwarte „eine eindeutige Erklärung der Unternehmensleitung und rechtsverbindliche Sicherungen für die Beschäftigten“.

Wirbel um Karstadt gab es gestern auch wegen Gerüchten um eine mögliche Beteiligung der US-Investitionsgesellschaft Blackstone an dem Unternehmen. Die Firma, die 2003 in Hamburg ihren zweiten europäischen Standort neben London eröffnet hat, steht im Ruf eines „Firmenjägers“, der seit der Gründung 1985 bereits in 75 Unternehmen investiert hat.Markus Jox