Sag nicht einfach „Gute Nacht!“: „American Music Club“ im Westwerk
: Songs wie Patriot-Raketen

Der American Music Club reflektiert seit der Gründung 1983 in San Francisco die gesellschaftliche Entwicklung der USA. Mark Eitzels zynische Kommentare zur Lage werden von einer Musik eingebettet, die alles andere als „Gute Nacht!“ sagt. Nach fünf Alben auf Indie-Labels wechselte man 1993 zu einer Major-Company und veröffentlichte das grandiose Album Mercury. Man tourte nonstop, nach Erscheinen des Albums San Francisco kam es zur Trennung.

Jetzt kehrt die Band des Sänger und Songwriters Mark Eitzel mit 13 großartigen Stücken, zynisch Lovesongs for Patriots betitelt, zurück. Inzwischen hat sich das Line-up um ein neues Mitglied erweitert: Marc Capelle spielt Piano und Trompete. Ansonsten bleibt es wie es war: Eitzel (Gitarre, Gesang), Danny Pearson (Bass), Tim Mooney (Drums) und Vudi an der Gitarre.

Am liebsten hätte Eitzel seine Band in Anti-American Music Club umgetauft. Die Band war dagegen. Es ist nicht nur Mark Eitzels raue, aufreibende Stimme, sondern auch der brutale Anschlag am Piano, das stolpernde Schlagzeug und die feinabgestimmten Noise-Gitarren, dass einem die Ohren aufgerissen werden wie ein Vorhang. Hey!

Und dahinter schlägt das Herz auf offener Bühne. Jeder Song des neuen Albums zieht wie eine Patriot-Rakete gegen den falschen US-Patriotismus von dannen. Und entwickelt einen unglaublichen Sog, als habe man Anker geworfen auf einem Grund der Zukunft und zöge die Hörer dahin: Downbeat-Suspense.

Die Songs bestehen aus kleinen Brodeleinheiten, Aufwürfen, an-die-lange-Kette-gelegt-Exkrementösem, Rock, Pop, Folk, Jazz und Country, Honky Tonk-Piano, Basement Tapes und Gimme Shelter – alles in einer Packung. Da spricht die Sehnsucht viele Sprachen. American Music Club wurden oft mit Nick Cave and The Bad Seeds verglichen. Cave ist ähnlich dunkel, aber in seiner Fixierung darauf unfrei und wirkt im Vergleich konventionell und gefangen. Man darf auf einen großen Abend gespannt sein, der vielleicht mit den Worten beginnt: „Ladies and Gentlemen, it‘s time for all the good that‘s in you to shine!“

Carsten Klook

Freitag, 21 Uhr, Westwerk