ddr, 6. 10. 1989: noch 3 Tage bis zur Wende
: Michail Gorbatschows kreativster Moment: „Wer zu spät kommt …“

– Erlöserkirche Berlin: Vertreter verschiedener Bürgerbewegungen beraten über gemeinsame Kandidaten zur nächsten Wahl.

Dresden: 5.000 demonstrieren friedlich für mehr Demokratie und gegen die Brutalität der Sicherheitskräfte. Polizei kesselt sie ein, treibt die Menge brutal vor sich her, verhaftet 367.

– Theaterensemble Dresden demonstriert nach Vorstellung: „Ein Volk, das zur Sprachlosigkeit gezwungen wurde, fängt an, gewalttätig zu werden. Die Wahrheit muss an den Tag.“

– Demo in Potsdam, Schweigemarsch in Zwönitz, erstes Friedensgebet und Demo in Görlitz.

– Michail Gorbatschow kreiert beim Treffen mit SED-Führung den später berühmt werdenden Satz: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

– Der Historiker und Uniprofessor Kurt Nowak erklärt in Leipzig: „Wie wird der Staat mit seinen Machtmitteln auf seine zum Bleiben und Umgestalten entschlossenen Bürger reagieren? Derzeit werden außerhalb Leipzigs Kampfgruppen zu Übungen zusammengezogen.“

– Leipziger Kampfgruppe „Hans Geiffert“ kündigt potenziellen Montagsdemonstranten via Leipziger Volkszeitung an, „konterrevolutionäre“ Aktionen „wenn es sein muss mit der Waffe in der Hand“ zu unterbinden.

Palast der Republik, Berlin: Feier zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung mit 4.000 Geladenen aus über 70 Ländern. Honecker: „Die zügellose Verleumdungskampagne, die derzeit, international koordiniert, gegen die DDR geführt wird, zielt darauf ab, Menschen zu verwirren und Zweifel in die Kraft und Vorzüge des Sozialismus zu säen.“

FDJ-Fackelzug mit 100.000 als „Bekenntnis zur sozialistischen Republik und zur SED“.

– Kleinere Gegendemonstrationen, bei denen „Gorbi, hilf uns!“ skandiert wird. Polizei versucht, die Demonstranten zu isolieren.

– Der sowjetische Staatschef Gorbatschow in seiner Festrede:

Natürlich hat die DDR, wie jedes andere Land, ihre eigenen Entwicklungsprobleme, die ihre Durchdenkung und ihre Lösung erfordern. … Wir zweifeln nicht daran, dass die Sozialistische Einheitspartei mit ihrem intellektuellen Potenzial, ihren reichen Erfahrungen und ihrer politischen Autorität imstande ist, in Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Kräften Antwort auf die Fragen zu finden, die ihre Bürger bewegen. … Vor allen Dingen sollten unsere westlichen Partner davon ausgehen, dass die Fragen, die die DDR betreffen, nicht in Moskau, sondern in Berlin entschieden werden. RENI