Chinesische Erfahrungen

Bremer OberstufenschülerInnen können chinesisch lernen – am Gymnasium Hamburger Straße. Zu dem Kurs gehört eine sechswöchige Reise ins Land er Mitte. Über das, was sie da erlebten, haben sie eine Homepage voll geschrieben

„Leuchtende Werbetafeln, protzige Bankgebäude, etliche Filialen westlicher Fast-Food-Ketten und Coffee-Shops – der Westen und Kapitalismus sind hier in Shanghai stärker vertreten als in allen anderen chinesischen Städten, die wir bisher gesehen haben“, schreibt Max, einer von 30 SchülerInnen aus Bremen, die in diesem Sommer sechs Wochen durch das Land der Mitte gefahren sind. Sie gehören zu dem Chinesisch-Kurs für Oberstufen-Schüler, der am Gymnasium Hamburger Straße stattfindet. Die China-Reise gehört mittlerweile zu festen Programm dieser Chinesisch-Kurse. Die Gruppe hatte zwei Jahre Büffeln hinter sich, bevor sie aufbrach.

Und zwei Jahre reichen bei dieser schwierigen Sprache offensichtlich gerade, um sich in China über das Nötigste zu verständigen. Mit einzelnen Sätzen aus den Lektionen, die sie einigermaßen auswendig konnte, hätten sie kommuniziert, erzählen die Schüler. Für die der Schüler war auf dieser Reise vor allem die Erfahrung der großen Gegensätze in China beeindruckend. „Da steht ein modernes Hochhaus – daneben eine Holzbaracke oder ein alter Tempel.“ An der einen Ecke westlicher Luxus, direkt daneben asiatische Verhältnisse. Auf ihrer Homepage berichteten die Schüler vom Zustand in einer ihrer Unterkünfte: „Doch Heinz die Schabe (schuhgroß!) und nicht abfließende Klos trübten dann ein wenig den Aufenthalt. Aber halb so schlimm, teilen wir uns eben zu viert ein Klo und Heinz wurde kurzerhand erlegt.“

Die SchülerInnen waren durchaus vorbereitet, sich ein Stück weit auf die Sitten des fremden Landes einzulassen. Einer der Reiseteilnehmer hatte während der Reise Geburtstag – und muss sich in die Hotelbar verirrt haben. „Wie so oft gab es Karaoke, nur vergnügte sich hier ausschließlich das zwölfköpfige Personal auf der Bühne – denn Jonas war der einzige Gast. Ob genötigt oder ermutigt, auch das Geburtstagskind musste ran. Da er sich (verständlicherweise) des Chinesischen nicht all zu sicher fühlte, sollte es ein deutsches Lied sein. Unter dem Gejohle der begeisterten Personal gab er Fuchs du hast die Gans gestohlen zum Besten.“

So weit weg von zu Hause macht man schon merkwürdige Erfahrungen. „Das ständige Fotografiertwerden ist manchmal ganz schön nervig“, berichtet eine Schülerin. „Aber nicht böswillig oder abwertend, sondern bewundernd. Im Vergleich zu Deutschland sind hier sehr wenige Ausländer. Trotzdem, es ist hier angenehm, ein Ausländer zu sein. Man bekommt sogar freien Eintritt in Diskos deswegen!“

Vermissen würden sie „die offene und lockere Art der Menschen“, berichten die SchülerInnen, alles sei weniger hektisch.

Irritiert hat offenbar die immer höfliche Mentalität, mit der die Chinesen den deutschen SchülerInnen entgegengetreten sind. Es könne sich durchaus ein knallhartes „Nein“ hinter dem Lächeln verbergen. Man könne nicht erkennen, ob dahinter wirkliche Freundlichkeit stecke, sagt ein Schüler. In dem Kurs ist auch Muking, eine geborene Chinesin, deren Eltern nach Bremen umgezogen sind. Sie widerspricht, erklärt die Sitte der Höflichkeit: Es gehe darum, sagt sie, dass man dem anderen die Chance lasse, seine Ehre zu bewahren.

Den krassen Gegensatz von Neu und Alt haben die Bremer SchülerInnen auch bei den chinesischen Jugendlichen wiederentdeckt: Zu Hause seien viele offenbar brav und verhielten sich den Eltern gegenüber so, wie es die Tradition will – devot. „Draußen“ etwa in der westlichen Disko könne man dieselben Jugendlichen dann „wild abtanzend“ wiedersehen – wilder als man das in Diskos hierzulande erlebe. Zwei Welten, in denen die chinesischen Jugendlichen sich orientieren müssen.

Die Erfahrungen der Chinareise sollen natürlich die Motivation, weiter die komplizierte Sprache zu büffeln, stärken. Die Eindrücke wirken aber auch anders nach. Eine Schülern wünschte in dem Reisetagebuch „uns allen, die wir in China waren, dass wir, wenn wir uns mal wieder über die Farbe des neuen Kissens streiten, uns daran erinnern und vielleicht ein Stück klüger werden. Und uns in vielen Momenten daran erinnern, dass es für uns auch hätte ganz anders sein können - wie für etwa ein Drittel der Weltbevölkerung.“ Die meisten aus dem Chinesisch-Kurs sagen, sie hätten Lust, später einmal beruflich nach China zu gehen. Kawe

Homepage der Chinareise: www.mx-world.com/zhongguo