berliner szenen Grüne Hämatome

Besuch beim Hautarzt

Sie ist eine Hautärztin, die man sich in Berlin empfiehlt, sie sei garantiert keine Quacksalberin, heißt es. Sie hat viel zu tun. Sie behandelt immer zwei Patienten gleichzeitig. Bei mir ist nicht viel zu machen. Drei Muttermale raus, der OP-Termin ist erst in drei Wochen.

Der Mann hinter dem Vorhang ist ein schwierigerer Fall. Er hat erstens Schuppen. Schuppenshampoo nehmen, sagt die Hautärztin. Er hat zweitens noch etwas anderes. Er druckst. Anscheinend will er, dass ich mich wieder komplett angezogen und das Zimmer verlassen habe, bevor er damit rausrückt. Mit Hautproblemen will man lieber nicht an die Öffentlichkeit, auch wenn die hinter einem Vorhang bleibt und derweil konzentriert die Muttermale betrachtet, die sie bald verlassen müssen. Die Öffentlichkeit ist also beschäftigt und bleibt.

Also, er hat zweitens am Hals einen blauen Fleck. Einen Knutschfleck, um genau zu sein. Was man denn machen kann, damit der sehr, also sehr schnell wieder weggehe? Die Ärztin sagt nicht, dass er doch froh sein kann, dass er den Knutschfleck bekommen hat, trotz der Schuppen und trotz seiner Einfalt, bewiesen durch diesen Arztbesuch. Nichts dergleichen.

Stattdessen nur Berliner Höflichkeit. Er könne nichts machen, sagt die Ärztin, nur warten, und prognostiziert, dass, da der Fleck schon grün sei, sein Verschwinden nicht mehr lang auf sich warten lassen würde. Ungefähr eine Woche lang ein Halstuch tragen, rät sie. Hämatome heilen unterschiedlich langsam, erklärt sie. Wenn er Pech hat, muss das Halstuch länger als eine Woche umbleiben. Das nächste Mal ein bisschen aufpassen, sagt sie. Die Ärztin ist wahrlich keine Quacksalberin.

MAREKE ADEN