Endlich startet die Spritztour

Nach jahrelangem Siechtum in der Schublade ist der Drogenkonsumbus unterwegs. Die Mitarbeiter informieren zunächst nur, ab November sollen dann Abhängige in dem Bus sauber spritzen können

von OLIVER HAVLAT

Die Charlottenburger Jebensstraße liegt da wie immer. Auf der Hochtrasse kreischen S-Bahnen, Taxifahrer hoffen auf Fahrgäste aus dem Bahnhof, und die Schlange der Wartenden vor der Suppenausgabe der Bahnhofsmission wird langsam länger. Nur am Ende der Straße, da, wo sie die Hertzallee kreuzt, gibt es Aufruhr: Ein Dutzend Leute steht um ein Wohnmobil und einen weißen Mercedes-Transporter herum. Sie stellen Fragen, notieren auf Blöcke, knipsen Bilder und schleppen Fernsehkameras.

Anlass: Der Drogenkonsumbus des Vereins Fixpunkt e. V. ist gestartet. Und das ist schon ein bisschen Presserummel im Kiez wert – immerhin geistert das Projekt schon seit mehr als zehn Jahren durch den politischen Äther. Vorbehaltlich einer Betriebserlaubnis, die aber wohl zu Anfang November erteilt wird, soll es nun losgehen – ein Durchbruch in der Berliner Drogenpolitik.

„Wir wollen jetzt erst mal auf die Leute zugehen“, sagt Astrid Leicht. Sie ist die Projektleiterin des gemeinnützigen Vereins Fixpunkt e. V., Träger der Aktion „Mobilix“, unter deren Namen der Drogenkonsumbus in Zukunft am Bahnhof Zoo und an der Kurfürstenstraße drei- bis viermal pro Woche Station machen wird. Man wolle zunächst informieren und beraten, sagt Leicht. Und zwar sowohl die direkte Zielgruppe, also Drogenabhängige, als auch Passanten und vor allem Nachbarn. „Denn die verstehen nicht, warum das ausgerechnet vor ihrer Tür sein muss“, sagt Leicht.

Erst im November, wenn die Betriebserlaubnis von der Verwaltung erteilt ist, wird der Drogenkonsumbus seine eigentliche Arbeit aufnehmen: Wer will, kann im Bus spritzen. „Unser Ziel ist die Risikovermeidung beim Spritzen“, erklärt Projektleiterin Leicht. Am Bus werden stets zwei medizinisch ausgebildete Fachkräfte zugegen sein. Sie werden erklären und zeigen, wie man das Besteck richtig benutzt, um Verletzungen und Infektionen zu vermeiden. Hilfestellung geben beim Finden der Venen, damit die Spritze nicht an der falschen Stelle angesetzt wird. Das Material bringen sie mit: Jeder Besucher erhält ein Set mit Spritze, Kanüle, Filter, Tupfer und Pflaster. Spritzen müssen die Besucher aber selbst. „Das dürfen wir nicht“, sagt Leicht.

Bei jedem Einsatz dabei sein wird auch „Charly“, das Charlottenburger Präventionsmobil, in dem Sozialarbeiter den Besuchern Ansprechpartner sein wollen. Mit 40 bis 50 Besuchern rechnet Fixpunkt pro Einsatz. Allerdings kann nicht jeder den Bus nutzen: Das Mindestalter liegt bei 16 Jahren, und Teilnehmer an einem Methadonprogramm dürfen die Besucher auch nicht sein.

Mehr als die geplanten drei bis vier Einsätze pro Woche – sie sollen jeweils drei Stunden dauern – ist mit dem schmalen Budget von Fixpunkt nicht drin. Denn von den nur 172.000 Euro, die der Senat pro Jahr für diese Art Drogenhilfe vorsieht, bekommen die einzelnen Träger nur Anteile. Das nächste Mal wird der Drogenkonsumbus übrigens morgen Abend in der Jebensstraße stehen. Und dann werden vielleicht auch diejenigen kommen, für die er gedacht ist. Presserummel mögen die Kinder vom Bahnhof Zoo nämlich nicht so gern.