Brücken schlagen im Norden

Häfen, Autobahnen, Desy und noch vieles mehr: Hamburg und Schleswig-Holstein intensivieren trotz Wahlkampf ihre Kooperation und erklären sich zum Vorbild für andere

reinbek taz ■ „Beispielhaft“ sei das, schwärmte Ole von Beust, und Heide Simonis nickte dazu. Geradezu vorbildlich „für alle anderen Bundesländer“ soll sie sein, die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein, welche der CDU-Bürgermeister aus der Hansestsdt und die SPD-Ministerpräsidentin aus dem höchsten Norden beschworen. Gestern trug sich das zu, auf Schloss Reinbek, der ansonsten nur durch Rowohlt-Bücher bekannten Kleinstadt am östlichen Stadtrand Hamburgs, nach einer gemeinsamen Sitzung der beiden Landesregierungen. Traulich Seit‘ an Seit‘ hatten Hamburgs CDU-Senat und Kiels rot-grünes Kabinett getagt – und Beschlüsse im Dutzend gefasst.

Kernpunkt war die Unterzeichnung eines Staatsvertrages, mit dem der Grundstein für den Bau des Desy-Elektronenlasers XFEL auf dem Boden beider Länder gelegt wurde. Dieses 900-Millionen-Euro-Projekt sei „ein Meilenstein in der Forschungspolitik unserer Länder“, frohlockten Simonis und von Beust. Nach dieser bereits achten gemeinsamen Kabinettssitzung seien nunmehr 16 bilaterale Projekte auf den Weg gebracht worden.

Die beiden Regierungen einigten sich auch auf den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Dazu zählen vor allem der Weiterbau der A 20 von Lübeck um Hamburg herum nach Niedersachsen mit einem Elbtunnel bei Glückstadt und die Verbreiterung der A 7 von Hamburg nach Flensburg auf acht Fahrspuren. Auch der Brückenschlag über den Fehmarnbelt wollen beide Länder sowie die Elektrifizierung der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck-Travemünde. Zudem soll die Kooperation und Arbeitsteilung zwischen den Häfen Hamburg, Brunsbüttel, Lübeck und Kiel intensiviert werden, und die erneute Ausbaggerung der Elbe ist ebenfalls Konsens zwischen Kiel und Hamburg.

„Ein kleines Pflänzchen hat sich zu einer stattlichen Blume entwickelt“, sagte von Beust. Noch nie sei die Kooperation zwischen den beiden Ländern so effektiv und auch angenehm wie jetzt, hatten beide RegierungschefInnen schon im Vorfeld der Sitzung mehrfach betont. Ursachen dafür sind vor allem das Fehlen atmosphärischer Störungen, welche in früheren Jahren das Verhältnis zwischen Simonis und Hamburgs langjährigem Bürgermeister Henning Voscherau arg belastet hatten, obwohl beide das gleiche Parteibuch haben. Hinzu kommt der ausgeprägte Pragmatismus, den die beiden Kabinette in Sachfragen an den Tag legen.

Eine Kooperation, bei der von Beust sogar keine Parteifreunde mehr kennt. Er rechne nicht „mit einem klaren Sieg der CDU“ bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Februar 2005, hatte von Beust am Montag in den Elmshorner Nachrichten erklärt. Sehr zum Entsetzen von Unions-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen, der Simonis Amt und Titel streitig machen möchte. Die aber sei „sehr kampfeswillig und zeigt keine Resignationserscheinungen“, hatte Hamburgs Bürgermeister gesäuselt und hinzugefügt: „Das wird ein sehr harter Gang werden für die CDU.“

Die bedankt sich aber so was von herzlich für die Wahlkampfhilfe. Sven-michael veit