Filme gegen den Mainstream aus Hollywood

Bei der sechsten Filmreihe des Kölner Filmhauses über Russland ist Tschetschenien eines der zentralen Themen: So spürt die Dokumentation „Disbelief“ den Verwicklungen des Geheimdienstes in die Bombenanschläge von 1999 nach

Köln taz ■ Zum sechsten Mal präsentiert das Kölner Filmhaus ab Donnerstag eine Woche lang neue Filme aus Russland. Dieses Minifestival hat sich zu einem wichtigen Gegenpol des von Hollywood und Westeuropa geprägten Mainstreams entwickelt und gewährt Einblick in eine hierzulande eher unbekannte, politisch engagierte Szene.

Durch das Geiseldrama im ossetischen Beslan erhält „Disbelief“ (2004) eine brisante Aktualität. Andrej Nekrasov geht darin Gerüchten nach, wonach der russische Geheimdienst FSB in die Bombenanschläge auf mehrere russische Wohnhäuser im Jahr 1999 verwickelt war, bei denen rund 300 Menschen starben. Schließlich standen gerade die Präsidentschaftswahlen an und Putin konnte Stärke demonstrieren. Die offizielle Darstellung hatte tschetschenische Terroristen verantwortlich gemacht, die Anschläge lieferten den Vorwand für den zweiten Krieg gegen die Kaukasusrepublik. (1.10. um 19 Uhr, 4.10. um 20 Uhr)

Einen weniger konkreten politischen Ansatz wählt Victor Kossakovsky, dessen Komödie „Tishe“ die Filmwoche eröffnet. „Eine russische Redensart sagt: Es ist da gut, wo wir nicht sind“, erläutert er die Idee seines Films. „Vielleicht haben die Russen aus diesem Grund mehrere hundert Jahre mit der Eroberung von neuem Land verbracht. Immer, wenn man irgendwo ankommt, ist es dort nicht mehr gut genug. Selbst jetzt haben wir einen Krieg mit Tschetschenien. Warum?“ Eine Antwort kann auch er nicht geben. Aber er schärft mit dem aus seinem Fenster gedrehten dialogfreien Film den Blick für das Nahe und relativiert somit den Wunsch nach dem Fernen. (30.9., 19.30 Uhr, 2. und 4.10., 18 Uhr, 5.10., 20 Uhr)

Ein gesellschaftspolitisches Thema behandelt auch Andrej Swjaginzews preisgekrönter Film „Die Rückkehr“ (2.10., 16 Uhr, 5.10., 20 Uhr). Die Parabel auf eine vaterlose Gesellschaft ohne positive Leitbilder findet faszinierende Bilder, kann sich aber nicht ganz aus dem chauvinistischen Weltbild, das sie beschreibt, befreien. Ästhetisch arbeitet sich Swjaginzew am Übervater des russischen Kinos, Andrej Tarkowskij, ab.

Eine Auswahl russischer Kurzfilme läuft am 1.10. (21 Uhr) und am 3.10. (20 Uhr) unter dem Titel „KinoGlas“. Christian Meyer

www.koelner-filmhaus.de