Alte Griechen, neue Hoffnungen

Neun junge TheatermacherInnen ringen beim „Körber Studio Junge Regie“ ab heute um den Preis als bester Nachwuchskünstler. Dabei bevorzugen sie das ganz große, antike Format. Das Thalia in der Gaußstraße bietet das Podium dazu

von Carolin Ströbele

Hass, Todessehnsucht, Schuld und Sühne – darunter machen sie es nicht, die jungen Regisseure und Regisseurinnen, die beim heute beginnenden „Körber Studio Junge Regie“ im Thalia in der Gaußstraße antreten. Die Rächerin Klytämnestra, die unglückliche Liebende Phädra und die traurigen Helden von Dostojewski haben es den Studenten der Theaterhochschulen offensichtlich angetan – zumindest, wenn man den Titeln trauen darf. Die Ernst-Busch-Schule macht den Anfang mit Iphigenie/Agamemnon, die Essener Studenten folgen nach mit Elektra. Und auch die Münchner Theaterakademie geht mit einem Stück ins Rennen, das sich zumindest an einen antiken Mythos anlehnt: Sarah Kanes Phaidras Love.

Es ist bereits das zweite Mal, dass die Hamburger Körber-Stiftung in Kooperation mit dem Thalia Theater, der Universität Hamburg und dem Deutschen Bühnenverein dem Theaternachwuchs von Zürich bis Berlin ein Podium bietet. Aus den neun Inszenierungen, die im Thalia in der Gaußstraße gezeigt werden, wählt eine Jury aus fünf Theaterfachleuten die überzeugendste Arbeit aus. Der Sieger darf an einem der beteiligten Theater ein Stück aufführen.

Gute Chancen kann sich möglicherweise eine Hamburger Produktion ausrechnen. Die Gesellschaftssatire Herr Kolpert, inszeniert von Roger Vontobel, war bereits bei einer Vorführung der Hamburger Uni-Regieklassen im April der erklärte Publikumsliebling in der Gaußstraße. Spannend werden könnte es auch bei dem Impro-Theater-Projekt Oneweekstand reloaded der Hochschule Zürich. „You choose, we play“, so die anspruchsvolle Vorgabe, die sich Regisseur Tomas Schweigen und seine SchauspielerInnen immer wieder von Neuem stellen. Aus einer Liste von fünf Stücken wählen die Zuschauer – in diesem Fall die Teilnehmer des „Körber Studios“ – eine Woche vor der Aufführung dasjenige aus, das sie sehen wollen.

Um das Spiel mit den Möglichkeiten geht es auch in der Eigenproduktion der Universität Hildesheim. Open End heißt das Stück, das in Zusammenarbeit verschiedener Studiengänge entstanden ist: Fünf Freunde planen die Party des Jahrhunderts und werden plötzlich mit Identitätskrisen konfrontiert. Den völligen Realitätsverlust erleiden dann die sieben „Literatursüchtigen“ in der Wiener Inszenierung von Dostojevskij Trip. Ein Dealer verkauft ihnen „Stoff“ des großen Dichters – daraufhin verwandeln sich alle in Figuren aus dem Roman Der Idiot.

In diesem Jahr müssen sich die Jungregisseure nicht nur vor Publikum und Jury beweisen, sondern erstmals auch vor sechs angehenden Journalisten. Die Studenten des Aufbaustudiengangs Kulturjournalismus an der Münchner Theaterakademie werden das Festival mit einer täglich erscheinenden Theaterzeitung begleiten.

Körber Studio Junge Regie: 27.9.–2.10., Thalia in der Gaußstraße. www.thalia-theater.de