Wenig Chancen auf Comeback

Bei Vorstellung des Buches „Ist Deutschland noch zu retten?“ des Ökonomen Hans-Werner Sinn erneuert Oskar Lafontaine sein Gesprächsangebot an Bundeskanzler Gerhard Schröder. Aber die SPD-Spitze lehnt seine Kandidatur im Saarland ab

von ANDREAS SPANNBAUER

Oskar Lafontaine war früh aufgestanden, um an seiner Rückkehr auf die politische Bühne zu arbeiten. Zur Präsentation des Buches „Ist Deutschland noch zu retten?“ des Ökonomen Hans-Werner Sinn gestern in Berlin war Lafontaine eigens aus Saarbrücken eingeflogen worden. Als Laudator nutzte er freilich die Gunst der Stunde, um auch seine eigenen Vorstellungen über die Rettung Deutschlands ins Gespräch zu bringen.

Überraschend unterstützte Lafontaine dabei den Präsidenten des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo in seiner Forderung nach staatlichen Zuschüssen für Niedriglöhne bei gleichzeitiger Kürzung der Sozialhilfe für Arbeitsunwillige: „Es ist nicht gerecht, dass der eine mit Lohnersatzleistungen an der Theke steht und der andere für den gleichen Lohn schwere Arbeiten macht.“ Statt für das Nichtstun zu bezahlen, müsse der Staat Niedriglohnjobs durch Zuzahlungen attraktiv machen, so Lafontaine.

Ob er selbst das Saarland bei den Landtagswahlen 2004 für die SPD retten will, verriet Lafontaine dagegen nicht. „Über meine Berufspläne im Saarland möchte ich mich nicht äußern.“ Die Sozialdemokraten an der Saar nominieren auf ihrem Landesparteitag am 8. November ihren Spitzenkandidaten. Bis dahin will der saarländische SPD-Parteichef Heiko Maas über eine eigene Kandidatur entschieden haben, um eine Überraschung der Parteibasis zu vermeiden.

Bisher hat sich Lafontaine an die Absprache gehalten, Maas den Vortritt zu lassen – und gleichzeitig selbst Interesse signalisiert. So bestätigte der ehemalige Bundesfinanzminister gestern seine Bereitschaft zu einem Gespräch mit Kanzler Gerhard Schröder, aus dessen Kabinett er im März 1999 im Streit ausgeschieden war. Er werde sich einem Treffen – das als Voraussetzung für eine Kandidatur gilt – nicht verschließen. Zuletzt hatte sich der stellvertretende saarländische SPD-Landesvorsitzende Eugen Roth für eine Kandidatur Lafontaines ausgesprochen, die die Chancen der SPD auf einen Wahlsieg steigen ließe.

Die SPD-Spitze in Berlin ist über ein mögliches Comeback des Dissidenten nicht begeistert. Lafontaine hatte Schröder in einem Interview mit dem Stern kritisiert: „Man kann doch nicht sagen, wir demontieren den Sozialstaat, weil wir kein wirtschaftliches Wachstum zu Stande bringen.“ In der SPD-Zentrale stellte man daher Mitte der Woche klar, man gehe davon aus, dass Heiko Maas von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen werde. Die Neue Presse aus Hannover meldete am Donnerstag unter Berufung auf Regierungskreise, Maas werde „definitiv“ antreten. Thorsten Bischoff, Sprecher der Saar-SPD, nannte die Meldung „frei erfunden“.

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