DVDs nur on demand

Das Kölner Produzentenduo Graw Böckler macht Filme, vertreibt sie und zeigt sie in seinem „Raum für Projektion“

KÖLN taz ■ „In der Krise kann man am besten was machen“, weiß Georg Graw. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ursula Böckler macht er als Produzentenduo kurze, experimentelle Filme. Die zeigen beide in ihrem „Raum für Projektion“ und veröffentlichen sie auf dem gleichnamigen DVD-Label.

Graw Böckler arbeiten seit knapp zehn Jahren zusammen. Zunächst hat Georg Graw die Fotografin Ursula Böckler bei Ausstellungen und Buchprojekten unterstützt, dann hat Ursula Böckler bei den Filmen des Quereinsteigers Graw mitgemacht, bis bald alles unentwirrbar zusammenging. „1997 haben wir dann mit der ersten gemeinsamen Arbeit ein Stipendium gewonnen und begonnen, uns zu computerisieren. Das hat unsere Arbeit verändert“, sagt Böckler.

Graw Böckler arbeiten konzeptionell, halten sich aber selten an ihre eigenen Konzepte. Sie stellen sich zwar formelle Aufgaben, aber keine Ziele. Was immer wichtig ist: das Umfeld in dokumentarischen Super 8-Aufnahmen zeigen und diese inhaltlich mit „aufklärerischem Approach“ auffüllen. So entstand auch die städtebauliche Utopie „Mein Vorschlag: Friesenbad“. Mit Trickelementen schlägt der Film anstelle des Gerling-Neubaus am Friesenplatz ein Freibad vor und formuliert Kritik an der kapitalistischen Verwertungslogik innerstädtischen Raums.

Die Techniken sind nicht neu, mit Hilfe von groben Bildern, Geschwindigkeitsmanipulation und widersprüchlichen Ton-Bild-Ebenen entsteht aber Raum für neue Gedanken. Seinen Ansatz hat das Duo bald auf Musikvideos ausgedehnt. Das Filmmaterial wird „dokumentarisch und stumm aufgenommen und dann auf die Musik geschnitten“, erklärt Graw. „Wir haben immer umgekehrt gearbeitet: Musikvideos gemacht und uns dann die Musik bei befreundeten Musikern gesucht. Allerdings hatten wir keine Möglichkeit, das zu verwerten. Doch eigentlich war der Zusammenbruch der Musikvideokultur im Fernsehen noch ein Anreiz, das durchzuziehen.“ Mit Erfolg: Auf den Oberhausener Kurzfilmtagen gewannen sie 2001 mit „Why“ den 1. Preis und Anfang 2004 mit „How to believe in Jesus“ den 2. Preis des Musikvideo Award.

Weil es außer auf Festivals keine Möglichkeit gibt, die Clips und Kurzfilme zu zeigen, entstand der „Raum für Projektion“: ein seit 2001 existierender mobiler Veranstaltungsraum, der zum Filmegucken einlädt. Die Leinwand hängt in der Mitte der temporär genutzten Räume. Man kann in Ruhe die in Loops laufenden Filme angucken, sich aber auch wie in einer Bar fühlen. Bei diesen Abenden, zuletzt in Lissabon, stellen Graw Böckler ihre Filme vor. Aber auch das ist wirtschaftlich kaum rentabel. Also gründeten sie zusätzlich das gleichnamige DVD-Label, um ihre Filme und die von befreundeten Künstlern zu vertreiben. Das geschieht noch „auf einem extrem kleinen Level. Wir machen alles on demand: Eine DVD wird erst hergestellt, wenn sie benötigt wird“, sagt Graw.

Im Moment läuft der Verkauf nur über Internet und Plattenvertriebe. „Die können mit dem Medium aber nicht immer richtig umgehen“, bemängelt Ursula Böckler. Die DVD hingegen bietet eine große Freiheit: In eigener Herstellung machen sie ihre unkommerziellen Filme zugänglich, die DVD-Cover dienen gleichzeitig als Plakate und der „Raum für Projektion“ ist die jeweilige Werbeveranstaltung. Graw Böckler sind zuversichtlich: „Der „Raum für Projektion“ kann überall eingeladen werden, auch ins Museum. Wir haben da ein Potenzial, das wir noch nicht ausschöpfen.“ Christian Meyer

„Raum für Projektion“ mit Videos von Marta Galvão Lucas im Rahmen von „plan 04“ am Zülpicher Wall/Ecke Bachemer Straße, vom 26. bis 30.9., 15-1.00 Uhr. Am 1.10. erscheint die DVD „How to do it“ mit Kurzfilmen von Graw Böckler und ein DVD-Album von Etienne Charry mit 16 Musikclips www.raumfuerprojektion.de