In Bolivien verhärten die Fronten weiter

Boliviens Präsident weigert sich, mit wichtigstem Oppositionellen zu verhandeln. Bei neuen Militäreinsätzen kommen 14 Zivilisten ums Leben

von INGO MALCHER

Kaum Aussichten auf Entspannung gibt es in Bolivien. Bei erneuten Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und Demonstranten kamen am Montag wieder mindestens 14 Zivilisten ums Leben, wie Menschenrechtsorganisationen berichten. Auch sei die Lage in den Krankenhäusern der bei La Paz gelegenen Stadt El Alto angespannt. Es fehle an Blutkonserven und Personal, meldeten lokale Medien. Seit Wochen wird Bolivien von Protesten und Straßenblockaden heimgesucht. Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada und wollen ein Regierungsprojekt zum Export von Erdgas stoppen.

Obwohl Sánchez de Lozada bereits am Sonntag angekündigt hatte, seine Pläne für den Gasexport zunächst auszusetzen, gingen die Proteste auch am Montag weiter. In ganz Bolivien wurden Landstraßen blockiert und in vielen Städten des Landes forderten Demonstranten den Rücktritt des Präsidenten.

Doch der zeigt stoisches Durchhaltevermögen. In steter Regelmäßigkeit wiederholt er, sein Amt auf keinen Fall aufgeben zu wollen. In einem Interview mit dem spanischsprachigen Dienst des Fernsehsenders CNN warf er seinen Gegnern vor, Teil eines Komplotts gegen seine Regierung zu sein, das aus dem Ausland finanziert werde. Gefragt, wer die ausländischen Sponsoren der Aufständischen sein könnten, nannte Sánchez de Lozada die peruanische Terrorgruppe „Leuchtender Pfad“, die kolumbianische Guerilla und Nichtregierungsorganisationen, deren Gelder für „subversive Zwecke“ eingesetzt würden.

Damit aber nicht genug. Die Demonstranten seien von ihren Anführern mit „Lügen fehlgeleitet“ worden, sagte er. Mit dem Anführer der Kokabauern, dem sozialistischen Parlamentsabgeordneten Evo Morales, gebe es nichts zu verhandeln. „Er ruft zur Rebellion und verlangt meinen Rücktritt“, begründete Sánchez de Lozada seine Ablehnung.

Mit dieser harten Haltung dürfte es schwierig werden, dass sich die Lage in Bolivien bald beruhigt. Evo Morales ist der unumstrittene Anführer der kampfbereiten Kokabauern und einer der wichtigsten politischen Köpfe der Opposition – immerhin belegte er bei den Präsidentenwahlen im August vergangenen Jahres mit 20 Prozent der Stimmen Platz zwei hinter dem Sieger Sánchez de Lozada.

Doch längst ist auch in den eigenen Reihen Kritik am kompromisslosen Kurs des Präsidenten zu hören. Sein Vize Carlos Mesa versagte Sánchez de Lozada am Montag die Gefolgschaft, wollte allerdings sein Amt nicht aufgeben. Anders Entwicklungsmister Jorge Torres: Wegen „unüberwindbarer Meinungsverschiedenheiten“ mit dem Präsidenten trat er am Montag zurück.

So bleiben die USA und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die wichtigsten Verbündeten von Sánchez de Lozada. OAS-Generalsekretär César Gaviria sagte, dass „jede Art von Regierung, die durch antidemokratische Methoden zur Macht gelangt“, unakzeptierbar sie. Ähnlich stärkte auch US-Außenamtssprecher Richard Boucher dem bedrängten Präsidenten den Rücken. Die USA, so Boucher, werden „eine Unterbrechung der verfassungsgemäßen Ordnung nicht tolerieren und kein Regime anerkennen, welches das Ergebnis eines antidemokratischen Prozesses ist“.