„In Nicaragua sind wir Vorbild“

Die Kaffeekooperative Soppexcca sorgt für medizinische Versorgung und Bildung. Im fairen Handel bekommen die Bauern fast doppelt so viel wie auf dem Weltmarkt

taz: Im Jahr 2003 hatte der Kaffeepreis einen historischen Tiefstand erreicht. Jetzt geht er wieder leicht aufwärts. Macht sich das in Nicaragua positiv bemerkbar?

Fatima Ismael: Der Preisanstieg ist für die Kaffeebauern kaum zu spüren, weil der Weltmarktpreis immer noch niedriger ist als die Produktionskosten. Der Preisunterschied zwischen fair und konventionell gehandeltem Kaffee ist weiter enorm: Im fairen Handel bekommen wir pro Sack 126 US-Dollar, auf dem normalen Markt nur 64 bis 70 Dollar. Allerdings kann unsere Kooperative nur einen Teil des Kaffees an faire Kaffeehändler verkaufen; etwa 40 Prozent müssen wir auf dem normalen Markt unterbringen.

Vor ein paar Tagen haben die großen Kaffeekonzerne zugesagt, dass sie die Bedingungen der Kaffeebauern verbessern wollen. Glauben Sie, dass das positive Wirkungen hat?

Die Absichtserklärung klingt zwar gut, aber wir vertrauen lieber auf die transparenten und konkreten Kriterien, wie sie der faire Handel festlegt. Da ist klar, dass der Kaffee von kleinen Produzenten hergestellt wird, die sich in Kooperativen selbst organisiert haben. Mit dem Mehrpreis werden soziale Aktivitäten in den Gemeinden gefördert.

Was konkret?

Soppexcca hat zum Beispiel drei Apotheken aufgebaut, wo die Mitglieder, aber auch andere Leute aus den Dörfern günstig Medikamente kaufen können. Alle Kinder von Soppexcca-Mitgliedern gehen zur Schule, während viele Eltern noch Analphabeten sind. Wir hoffen natürlich, dass die junge Generation dadurch später eine effizientere Landwirtschaft betreiben kann als wir heute. Uns geht es um eine ständige Verbesserung der Lebenssituation unserer Mitglieder. Dafür sind demokratische Entscheidungsstrukturen notwendig. Die großen Kaffeekonzerne wollen dagegen einzelne Punkte verbessern wie zum Beispiel Umweltschutz – und das von außen. Außerdem sagen sie nichts zu den Einkaufspreisen. Ich denke, dass es ihnen vor allem ums eigene Image geht. Viele Leute wissen, dass die großen Kaffeekonzerne in den vergangenen Jahren Millionen und Abermillionen Dollar verdient haben, während viele Kaffeebauern nicht genug zu essen haben.

Nachhaltigkeit gibt es nur, wenn soziale und ökologische Kriterien gleich beachtet werden. Hat der faire Handel auch positive Auswirkung für die Umwelt?

Ja klar. Die Bauern wissen, dass sie auch in einigen Jahren noch hier arbeiten werden. Deshalb pflegen sie die Plantagen und verzichten auf giftige Pestizide. Und weil ihre Parzellen klein sind, gibt es nicht die Probleme, die durch Monokulturen entstehen, wie zum Beispiel das Verschwinden vieler Vogelarten.

Wie hat sich Soppexxca in den vergangenen Jahren der Kaffeekrise entwickelt?

Wir haben jetzt 650 Mitglieder; allein in den letzten beiden Jahren sind fast 200 neue hinzugekommen, und das Interesse, bei uns mitzumachen, ist weiterhin groß. Das heißt für uns natürlich, dass wir versuchen müssen, mehr Abnehmer für fair gehandelten Kaffee zu finden. Außerdem gelten wir in Nicaragua inzwischen auch als Vorbild für Genossenschaften, die Bananen, Bohnen oder Reis vermarkten. Und noch an einem anderen Punkt ist Soppexcca außergewöhnlich: 40 Prozent unserer Mitglieder sind weiblich, und in unserem fünfköpfigen Vorstand gibt es drei Frauen. Das ist in einem von Machismo geprägten Land wie Nicaragua wirklich sehr ungewöhnlich.

INTERVIEW: ANNETTE JENSEN