Ölprofiteure vor Sieg

Morgen wird in Kasachstan ein neues Parlament gewählt. Als Favorit gilt die präsidententreue Otan-Partei

TASCHKENT taz ■ In Kasachstan war in den vergangenen Wochen ein ungewöhnliches Schauspiel zu beobachten: Wahlkampf! Plakate hingen aus, Kandidaten für ein Abgeordnetenmandat reisten über Land und warben für ihr Programm. Es fanden sogar zwei TV-Debatten statt, an den alle Parteien teilnehmen durften.

In einer der fünf zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken, in denen gewöhnlich der letzte Generalsekretär des ZK Präsident ist und alle Oppositionsparteien unterdrückt, ist das nicht selbstverständlich. Zwar hat das kasachische Parlament, außer Gesetze abzunicken, keine wichtigen Befugnisse, aber dieser Wahlkampf hat trotzdem Spekulationen ausgelöst.

Hintergrund ist, so glauben viele Beobachter, dass Kasachstan sich als erstes asiatisches Land um den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) im Jahr 2009 bewirbt. Kasachstan wird in zehn Jahren voraussichtlich zu den fünf größten Erdölexporteuren der Welt gehören, und Präsident Nursultan Nasarbajew hat in den vergangen Monaten ehrgeizige außenpolitische Pläne verfolgt, wie die Gründung einer alternativen Opec in den GUS- Staaten.

Als Favorit gilt die präsidententreue Otan-Partei von Funktionären, die vom Erlös des kasachischen Erdölreichtums profitieren. Die zweite Pro-Präsidenten-Partei von Gewicht ist Asar. 2002 von der ältesten Tochter des Präsidenten, Dariga Nasarbajewa, gegründet, bezichtigt sie die Funktionärsclique eine Ebene unterhalb des Präsidenten der Korruption und wendet sich an die Verlierer der liberalisierten kasachischen Wirtschaft.

Nasarbajewa gilt als mögliche Nachfolgerin ihres Vaters, wenn er wegen weiterer Korruptionsenthüllungen unter Druck gerät. Ende des Jahres beginnt die Hauptverhandlung gegen Nasarbajews Exberater James Giffen in New York. Nach Ermittlungen der US-Behörden leitete er 78 Millionen US-Dollar von Ölfirmen an Nasarbajew und den damaligen Premier weiter. Nasarbajewa kontrolliert den nominell unabhängigen größten kasachischen Sender Khabar TV. Wie der Medien-Minister einräumte, wird der „zu 100 Prozent staatlich finanziert“. Sie kontrolliert über eine Holding einen Großteil der Printmedien, ist Chefin der größten politischen Stiftung und eines Sportverbandes.

Die Oppositionsparteien Ak Schol, die reformierte Kommunistische Partei und die Demokratische Wahl Kasachstans (DWK) drohten zunächst mit Wahlboykott, wenn sie nicht gleichberechtigten Zugang zu den Medien bekämen und der DWK-Vorsitzende Galimschan Schakijanow nicht aus dem Hausarrest entlassen wird. Die DWK, 2001 von jungen Funktionären und Geschäftsleuten gegründet, galt als Kraft, die Nasarbajew hätte gefährlich werden können. Ihr Chef Schakijanow wurde 2002 wegen Korruption und Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Alle drei Oppositionsparteien werden an den Wahlen teilnehmen. Doch ließen sie verlauten, sie würden die Ergebnisse nicht anerkennen, „wenn es zu ernsten Manipulationen Wahlen und Auszählung kommt“. PETER BÖHM