„Es gab auch idyllische Phasen“

Der aus Kabul stammende Stadtteilarchiv-Mitarbeiter Hakim Raffat hat ein Buch über Parks in Eppendorf geschrieben

von Maren Albertsen

Hamburg ist grün, und das ist auch gut so. Egal, ob Ausnahmesommer wie im letzten Jahr oder typisches Schmuddelwetter – die Stadtbewohner zieht es nach draußen. Neben Elbe und Alster locken viele Parks als Ausflugsziel, allein in Eppendorf sind es vier.

Doch wo heute Kinder spielen und Eltern spazieren gehen, hieß es früher: „Zutritt verboten!“ Denn die meisten Grundstücke gehörten zu privaten Landsitzen von Hamburger Senatoren und Bürgermeistern. Wie es gelang, diese Parks der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und welche Rolle dabei Politik sowie das ungleiche Machtverhältnis zwischen Stadt und Land spielten, beschreibt Hakim Raffat in seinem jüngst erschienenen Buch „Eppendorf und seine Parks“.

Der Weg bis zur Veröffentlichung war lang. Und schwierig. Anfangs wollte Raffat einen großen, luxuriösen Bildband erstellen. Aber ohne finanzielle Unterstützung war das nicht zu schaffen, ein neues Konzept musste her. „Und so begann die Odyssee“, erklärt Raffat, was fast entschuldigend klingt. Dabei lag es nicht an ihm, dass es bis zur Publizierung so lange gedauert hat. 14 Jahre forschte er ehrenamtlich und trug alle Kosten. Doch auch wenn er andere Schwerpunkte anbot, gab es ausschließlich Absagen von Verlagen. Deshalb konnte jetzt nur ein Auszug seines Materials veröffentlicht werden. „Das Thema Park bot sich da als plausible Einheit an, weil es mit historischen Kartenausschnitten und Quellenauszügen die Einzelaspekte von Stadt- und Landgeschichte verbindet“, erläutert Raffat, der sich schon an die nächste Forschungsreihe über Migration und Fremdenrecht macht. Auch hierzu würde er sich eine Veröffentlichung wünschen, aufgrund eines fehlenden Sponsors ist das aber noch fraglich.

Verwunderlich ist auch, dass sich der aus Afghanistan stammende Raffat überhaupt so stark in die Vergangenheit Hamburgs vertieft. „Wieso?“, fragt er irritiert. „Es ist doch alles stimmig, was ich mache, das zeigt schon mein Lebenslauf.“ Aufgewachsen ist der promovierte Historiker in Kabul, wo er die deutsche Schule besuchte. 1968 kam er zum Studium nach Hamburg. Für Raffat war es von Anfang an selbstverständlich, sich auch persönlich mit der Geschichte Deutschlands zu beschäftigen. „Es reicht doch nicht, in einem fremden Land nur die Sprache zu lernen“, lautet seine Argumentation. Und dann ausgerechnet über Parks schreiben? Auch daran findet Raffat nichts Besonderes. „Man verfälscht das Geschichtsbild eines Landes, wenn man sich nur an einem Schlagwort, wie beispielsweise Nationalsozialismus festhält. Idyllische Phasen gehören ebenso dazu.“ Außerdem macht es ihm einfach Spaß, in Archiven zu stöbern. Über die Geschichte Eppendorfs hat er dadurch unzählige Details herausgefunden. Zum Beispiel, dass der damalige Bürgermeister Kellinghusen seine Familie 1848 mit einer Rettungsaktion vor Revolutionären auf seinen Landsitz in Sicherheit bringen musste.

Die Einzige, die wohl noch mehr über die Eppendorfer und ihre Zeit wissen könnte als Raffat, ist eine als „schönster Baum der Stadt“ bezeichnete Blutbuche. Anfang des 20. Jahrhunderts stand sie bereits über 300 Jahre auf dem Gelände von Schröders Garten (später Kellinghusenpark). Als Bürgermeister Schröder sein Grundstück an die Stadt verkaufte, wurden extra mehrere Bebauungspläne geändert, um den Baum zu erhalten. Eine Konkurrenz für Raffat und seine Erinnerungsarbeit ist die Buche allerdings nicht mehr – 1988 wurde sie wegen Überalterung gefällt.

Hakim Raffat: „Eppendorf und seine Parks. Vom idyllischen Landsitz zur öffentlichen Grünanlage“, Hamburg 2004, 142 S., 10 Euro