Schwere Vorwürfe in NS-Mordprozess

Niederländische Zeugin belastet Angeklagten: „Er hatte Schaum vorm Mund“

HAGEN ap/taz ■ Im Mordprozess gegen das frühere Mitglied der Waffen-SS, Herbertus Bikker, hat eine niederländische Zeugin den 88 Jahre alten Angeklagten gestern schwer belastet. „Er war äußerst aggressiv. Bikker hatte Schaum vor dem Mund“, erinnerte sich die 81-jährige Annie Bosch vor dem Landgericht in Hagen an den 17. November 1944. An diesem Tag soll Bikker den Widerstandskämpfer Jan Houtmann in einem Kuhstall nahe Zwolle erschossen haben.

Die Zeugin musste nach eigenen Angaben als Tochter des Bauern, auf dessen Hof die Bluttat begangen wurde, die Leiche des jungen Mannes waschen. Bikker habe dann noch mit den Worten „Du kommst als nächster dran“, ihren Vater bedroht, so Bosch. Gesehen hat die Zeugin nach eigenen Angaben die Tat nicht. Dennoch hält Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß die Aussage der alten Frau für präzise. Die Anklage wirft Bikker vor, den jungen Mann aus niederen Beweggründen ermordet zu haben.

Dem gebürtigen Niederländer Bikker gelang nach seiner Verurteilung in seinem Heimatland zu lebenslanger Haft wenige Jahre nach Kriegsende die Flucht nach Deutschland. In der westfälischen Stadt Hagen lebte Bikker seit Jahrzehnten als unbescholtener deutscher Bürger. Die deutsche Staatsangehörigkeit hatte Bikker auf Grundlage eines Hitler-Erlasses erhalten. Eine Auslieferung in die Niederlande hatte die deutsche Justiz abgelehnt.