Brücke wird trotz Brutzeit fertig

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Schleswig gegen den Umweltschutzverband BUND: Anwohner müssen doch kein halbes Jahr vor einer fast fertigen Brücke über die Wakenitz warten, bis sie direkt nach Lübeck fahren können

Aus Sicht der AnwohnerInnen ist es das Ende eines Martyriums: Die weitgehend fertig gestellte Wakenitz-Brücke bei Rothenhusen am Nordausgang des Großen Ratzeburger Sees kann trotz der beginnenden Brutsaison zu Ende gebaut werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig am Mittwoch beschlossen. Die Dorfbewohner auf der mecklenburgischen Seite des Sees müssen also nicht den Herbst abwarten, bis sie ohne große Umwege nach Lübeck fahren können.

Die Brücke ist umstritten, weil sie durch ein wertvolles Biotop führt. Der Umweltverband BUND bezeichnet das Flussgebiet als „Amazonas des Nordens“, weil sich hier so viele seltene Arten tummeln: Otter, Eisvogel, Kiebitz, Bekassine und diverse Amphibienarten. Viele Arten und Lebensräume im Wakenitztal sind nach EU-Recht geschützt. Das Tal ist Teil des „grünen Bandes“, eines Biotopverbundes entlang der früheren Zonengrenze. Im Zuge des Baus der Ostseeautobahn hat die nötige Querung des Wakenitztals schon einmal für Schlagzeilen gesorgt.

Im aktuellen Fall musste eine einspurige Holzbrücke aus dem Jahr 1927 durch einen Neubau ersetzt werden. Der BUND sprach sich aus ökologischen Gründen für einen einspurigen Neubau aus. Weil sie verhindern wollten, dass zusätzlicher Verkehr in das Gebiet gelockt werde, hätten sich auch Anwohner gegen einen zweispurigen Neubau gewandt, sagt Hans-Jörg Lüth, BUND-Geschäftsführer in Schleswig-Holstein.

Angesichts einer drohenden Klage ließen sich die Landkreise Herzogtum Lauenburg und West-Mecklenburg, die durch die Brücke verbunden werden, auf eine Mediation ein. Dabei handelten die Naturschützer den Kreisen einen großzügigen Naturausgleich und Auflagen beim Bau der Brücke ab. Vereinbart wurde ein Zeitfenster vom 22. August 2008 bis zum 28. Februar 2009. Das sollte verhindern, dass die wieder erwachende Tierwelt gestört wird.

Doch das Zeitfenster stellte sich als zu knapp heraus: „Es ist schon schwierig genug, so etwas im Winter durchzuführen“, sagt Karsten Steffen, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg. Zu den kurzen Tagen sei Frost gekommen, weshalb der Kreis um eine Fristverlängerung gebeten habe: In zehn bis zwölf Tagen sei die Brücke fertig.

Der BUND erwirkte vor dem Verwaltungsgericht einen Baustopp, der vom OVG aufgehoben wurde. Eine Begründung legt das Gericht erst am heutigen Donnerstag vor. GERNOT KNÖDLER