Am Gipfel angekommen, mit Blick zur Basis

Gertrude Mongella aus Tansania, 1995 „Mama Peking“, ist jetzt „Mama Afrika“, Präsidentin des Afrika-Parlaments

Gertrude Mongella ist eine machtbewusste Dame. „Macht wird einem nicht verliehen“, verrät die Präsidentin des Panafrikanischen Parlaments mit einem verschmitzten Lächeln, „man muss sie sich schnappen. Viele Frauen haben Angst vor den Machtspielen. Aber einen Mann beim Fahren zu überholen und dabei freundlich zu winken – ist das denn schlimm?“

International berühmt wurde die tansanische Diplomatin auf der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking. „Mama Peking“, wie sie seitdem heißt, war Generalsekretärin und Chefverhandlerin der schwierigen, aber letztlich sehr erfolgreichen Frauenrechtskonferenz. Manche kritisierten damals ihren zu verständnisvollen Umgang mit Chinas Regierung. Andere loben noch heute ihre „starken“ Auftritte, denen es mit zu verdanken gewesen sei, dass die Konferenz zum „Meilenstein“ der internationalen Frauenbewegung wurde.

Seit März 2004 ist Mama Peking nun auch so etwas wie Mama Afrika. Das Panafrikanische Parlament der Afrikanischen Union (AU), das damals in Addis Abeba konstituiert wurde und seinen Sitz nunmehr in Südafrika hat, will die „Stimme des afrikanischen Volkes“ sein. Sein erklärtes Vorbild ist das EU-Parlament. Alle 53 AU-Mitgliedsstaaten entsenden jeweils fünf PolitikerInnen, davon mindestens eine Frau.

Geboren wurde Gertrude Mongella 1945 auf einer tansanischen Insel im Viktoriasee. Mit zwölf Jahren kletterte sie in ein Kanu, um ihre Insel zu verlassen und eine Schule des Maryknoll-Ordens zu besuchen. Die Nonnen wollten Mädchen befähigen, sich später aktiv und selbstbewusst für die Entwicklung ihres Landes einzusetzen. Im Falle von Mongella war es ein voller Erfolg. Sie studierte in Daressalam, wurde Lehrerin und Feministin, heiratete und bekam vier Kinder. Überzeugt davon, fähiger zu sein als viele Männer, ging sie mit 30 Jahren in die Politik. Unter dem sozialistischen Präsidenten Julius Nyerere und seinem Nachfolger Ali Hassan Mwinyi war sie unter anderem Frauen- und Tourismusministerin.

Nun arbeitet sie an der politischen Vereinigung Afrikas. Ob das eine Chance hat, steht in den Sternen. Aber die AU arbeitet daran. Sie hat auch einen Afrikanischen Sicherheitsrat gegründet, dem so etwas wie ein Frauensicherheitsrat zur Seite stehen soll, die „African Women’s Commission on Peace and Development“. Gertrude Mongella ist eines ihrer Mitglieder. „Frauen haben schon immer eine enorm große Rolle in unseren Friedensbewegung gespielt“, sagt sie. Mit der Frauenkommission solle versucht werden, weibliche Führungskräfte mit der Basis zu verbinden. Diese Verbindung ist ihr wichtig. „Wenn man ganz allein einen großen Berg hochsteigt“, sagt sie, „dann wehen dort oben verdammt kalte Winde. Wir brauchen eure Wärme, wir brauchen die Verbindung zu euch.“ Sprach’s und stieg ins Flugzeug, um die zweite Sitzung des Panafrikanischen Parlaments vorzubereiten. Die beginnt am Donnerstag in Südafrika. UTE SCHEUB