Dickhäuter mit Ballgefühl

Bei der Weltmeisterschaft im Elefantenpolo, an der Hamburger Kaufleute ebenso teilnehmenwie Thai-Ladyboys und Rugbycracks, kicken die grauen Kolosse auch gern mal selbst den Ball

AUS HUA HIN MICHAEL LENZ

In einem packenden Viertelfinalspiel setzten die amtierenden Elefantenpolo-Weltmeister aus Hamburg gestern ihren Durchmarsch zum dritten Titel in Folge fort. Im thailändischen Seebad Hua Hin schlugen sie mit 6:2 ihren Angstgegner „Team Chivas Regal“ aus Schottland. „Das war ein Riesenspaß, und ich bin superglücklich über den Sieg“, strahlte Oliver Winter nach dem Spiel. Am Boden zerstört gab Chivas-Kapitän Peter Prentice zu: „Die bessere Mannschaft hat gewonnen.“

Obwohl das deutsche Team schon um 10 Uhr morgens antreten musste, hatten sich ungewöhnlich viele Zuschauer eingefunden. Ein Spiel der Hamburger Jungs gegen die Schotten mit einem echten Earl in ihren Reihen gilt inzwischen als Klassiker im Elefantenpolo. „Das ist das heimliche Endspiel“, sagte James Manclark, einer der Begründer des internationalen Elefantenpolosports. Insgesamt elf Männer- und drei Frauenteams aus Thailand, Singapur, Australien, Großbritannien und Neuseeland kämpfen beim 4. King’s-Cup-Turnier am Golf von Siam um den Sieg. Das Finale um die Weltmeisterschaft und die von König Bhumipol gestiftete Trophäe findet morgen statt.

Während Oliver Winter ein erfahrener Pferdepolospieler ist, betreiben seine Mitstreiter Hugo und Dirk Götz den Sport noch nicht sehr lange. „Wir sind vor Jahren ein paar Mal im Pferdepolo mitgeritten, aber das war’s auch schon“, erzählt Dirk Götz. Als Winters zwei Brüder im vergangenen Jahr wegen Verpflichtungen im Pferdepolo nicht wieder auf den Elefantenrücken kletterten, „sind wir auf Olivers Drängen hin eingesprungen“, grinst Dirk Goetz. „Wir sind blutige Anfänger.“ Entsprechend einfach sei ihre Taktik. Er bleibe als Torwart und Verteidiger auf seinem Elefanten einfach dick und breit vor dem Tor stehen. „Mit langen Schlägen können die Gegner so kaum treffen.“ Trainiert werde auf einer Wiese in Hamburg. „Der Elefant wird durch ein Gerüst auf einem amerikanischen Geländewagen simuliert“, grinst der Textilkaufmann.

Elefantenpolo wird in Thailand seit vier Jahren gespielt. Zuvor wurde der Sport seit Anfang der 80er-Jahre nur in Nepal und Sri Lanka betrieben. Die Entwicklung des Elefantenpolos zu einer internationalen Sportart folgt einer langfristigen Strategie. „Wenn wir Elefantenpolo in fünf asiatischen Ländern etablieren können, wird es offizielle Sportart der Asean Games“, erklärt Manclark, Vorsitzender der World Elephant Polo Association. Das Turnier von Hua Hin dient aber auch einem guten Zweck. Der größte Teil des mit 10.700 US-Dollar angesetzten Startgeldes pro Team geht an das thailändische „National Elephant Institute“. Die Jumbos sind in Thailand zu einer seltenen Spezies geworden. Vor 150 Jahre lebten im Königreich Siam rund 100.000 Dickhäuter, heute gibt es in Thailand nur noch etwa 3.000 wilde Elefanten.

Es ist erstaunlich, wie behände und schnell die so schwerfällig erscheinenden Elefanten sich auf dem 100 mal 60 Meter großen Spielfeld bewegen. Sie können auf der Stelle wenden, beschleunigen in eine Art Galopp aus dem Stand heraus und treten mit ihren dicken, runden Füssen nie auf den gerade mal apfelsinengroßen Ball. Ab und an spielen die grauen Kolosse gar mit, indem sie dem Poloball mittels eines sanften Stoßes über das Spielfeld kicken. Geführt werden die Tiere von Mahouts, die im Nacken des Elefanten sitzen. Durch Zupfen an den großen Ohren, aber auch durch mündliche Kommandos dirigieren sie ihre Tiere nach den Anweisungen des Spielers über den Parcours. Der Spieler sitzt mit gespreizten Beinen auf dem breiten Rücken des Elefanten. Mit dicken Seilen und schweren Karabinerhaken am Geschirr des Tiers festgezurrt, kann er selbst in extremen Schieflagen noch den über zwei Meter langen Poloschläger schwingen, ohne abzustürzen.

Ein weiteres Schlagerspiel war in dieser Woche das Aufeinandertreffen dreier ehemaliger Stars der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft All Blacks gegen das aus thailändischen Ladyboys bestehende „Screwless Tuskers“-Team. Den Rugby-Machos war es sichtlich unangenehm, gegen die schrillen Transsexuellen antreten zu müssen. Nach alter All-Blacks-Tradition führten sie auch vor dem Elefantenpolospiel den Haka auf, ihren Furcht erregenden Maori-Kriegstanz. Die drei graziösen Thai-Transen in ihren rosa Polohemden ließen sich jedoch nicht beeindrucken und antworteten mit einem neu erfundenen Ladyboy-Haka: Sie kreischten ohrenbetäubend, führten elegante Tanzschritte auf und ließen ihre Cheerleader glitzernde Puschel schwenken. Den Sieg mussten sich die All Blacks gegen die spielstarken Ladies hart erkämpfen.