■ Die SPD verliert Mitglieder, der Kanzler warnt vor Machtverlust seiner Partei. LeserInnen machen Vorschläge, wie er das eine ändern und das andere verhindern kann
: Schröder wie Kohl

betr.: „Schröder wählt Bush“, „Der Sinn der Partei“, „Schröder: Linke rechts ran!“, „Gewissen ist mehr als eine Ausnahme“, „Mein politisches Schicksal will ich ganz bewusst verbinden mit der Durchsetzung dieser Reformforderungen …“, taz vom 25. 9., 29. 9., 30. 9., 1. 10. 03

Zum plötzlichen Geschichtsbewusstsein unseres Kanzlers bleibt anzumerken, dass er besonders zu seiner eigenen Rolle bei der Abwahl Schmidts unter Erinnerungsschwund leiden muss. Wieso sollen sich die heutigen Abweichler anders verhalten als er damals? Besser wäre gewesen, er hätte sich rechtzeitig als Sozialdemokrat geoutet und die entsprechende Politik gemacht und in den Presseorganen nicht nur seinen neuen Hund, sondern auch seine Programme publik gemacht.

Im Augenblick verwaltet er den Staatsmangel nicht besser als Kohl und verteilt kräftig weiter nach dem Motto: „Die Masse bringt es“ von unten nach oben. Wo bleiben da die Visionen, die Schröder unter Peter von Oertzen noch zum Orientierungsrahmen 2000 der SPD eingebracht hat? In einer demokratischen Partei wie der SPD muss die Diskussion und freie Meinungsfindung auch heute erlaubt sein. Sollte das anders ein, werden noch mehr Genossen/innen der SPD den Rücken kehren müssen, 10 Prozent in 2003 sollten den Kanzler und auch Parteivorsitzenden zum Umdenken zwingen. HEIDI FRIEDRICHS, Pattensen

Wir dürfen gespannt sein, wie viele Milliarden Dollar oder Euro in bar und/oder in Sachleistungen uns Kanzler Schröder das unter dieser Schlagzeile veröffentlichte Foto mit dem „warmherzigen Händedruck zwischen Bundeskanzler Schröder und US-Präsident Bush nach 16 Monaten Frostzeit“ kosten wird.

HANS GROSSMANN, Maintal

Die Schwäche der SPD bedingt, zumindest zum Teil, die derzeitige Stärke der Grünen. Sollte die siechende SPD nicht bis zur nächsten Bundestagswahl wieder auf die Füße kommen, wird Joschka Fischer den Grünen erklären müssen, dass man auch mit der Union auf Bundesebene regieren kann. Was, wenn die SPD nach Schröders Willen weiter „modernisiert“ wird, auch keinen großen Unterschied mehr machen würde. KLAUS SAMER, Wuppertal

Die SPD verliert nicht durch den gegenwärtigen Mitgliederschwund, sondern gewinnt mittelfristig Handlungsfähigkeit. Was den Grünen der Krieg im Kosovo war, sind der SPD die ökonomischen Realitäten, die aus Träumern Reformer machen (müssen). Es ist doch kein Zufall, dass die bayerische SPD, deren Bundestagsabgeordnete zum Teil maßgebliche Mitinitiatoren des Mitgliederbegehrens gegen die Agenda 2010 waren, von den bayerischen Landsleuten nur noch als trauriger Haufen wahrgenommen und deshalb abgestraft wird. MARKUS OTTEN, Bremen

Ein Jahr nach der Bundestagswahl ist Deutschland die einzige Industrienation mit Minuswachstum, steuern wir auf einen Winter mit fünf Millionen Arbeitslosen zu, haben wir einen Regierungschef, der jeden Tag mit Rücktritt drohen muss, um seine eigene Fraktion auf Linie zu bringen. Ein Jahr nach der Bundestagswahl ist „good old Germany“ unfähig, ein funktionierendes Mautsystem einzuführen, dessen Einnahmen bereits im Bundeshaushalt eingeplant sind. Der Bundesaußenminister muss die Sitzung der Vereinten Nationen verlassen, um die Kanzlermehrheit im Parlament zu sichern. Abgeordnete der Regierungskoalition werden als „kleinkariert und feige“ bezeichnet, weil sie sich auf ihre im Grundgesetz garantierte Gewissensentscheidung berufen. Trotz milliardenschwerer Regierungsbauten in Berlin mietet sich das Kabinett Schröder ein ganzes Schloss, um in Klausur zu gehen.

Ein Jahr nach der Bundestagswahl katapultieren die Deutschen die CDU/CSU nach Umfragen zur absoluten Mehrheit, verschwindet die SPD in der Bedeutungslosigkeit. Ein Jahr nach der Bundestagswahl kann Deutschland sich überlegen, ob es noch drei solcher Jahre haben möchte. TORBEN M. THEIS, Bonn