Todesursache: Birgit?

Am Freitag liest der taz-Autor Frank Schäfer aus seinem Erzählband „Verdreht“

So will es die Biografie: Erste Liebe, erster Rausch, erster Sex, erste Enttäuschungen – und dann weiter. „Dann machs mal gut ... Und laß dich nicht übern Tisch ziehen, Hamburg ist Großstadt!“, mahnt der Vater den Sohn. Der hat seinen ersten Job. „Ich freu mich für dich ... ehrlich!“ – „Schon gut ...“ – „Nee, ehrlich, ich ...“ – „Weiß ich doch ...“ – „Ich ... ich kann das nur nicht so zeigen!“

In 22 knappen Episoden erzählt Frank Schäfer in der Kurzgeschichte „Film“ von Vater und Sohn. Vom ersten Treffen der Eltern bis zum Tod der Mutter im fernen Amerika. Es ist der überzeugendste Text in Schäfers Erzählband „Verdreht“, vielleicht, weil man alles als so unausweichlich empfindet. Vielleicht auch, weil Schäfer hier fast minimalistische Prosa schreibt, die auf Lokal- und kulturelles Kolorit weitgehend verzichtet. Am Freitag liest der Braunschweiger Autor aus „Verdreht“ im Toten Salon im Schlachthof.

Schäfer erzählt viel von Traurigkeit und Enttäuschung. Und von Figuren, die so naiv und jung bei näherer Betrachtung gar nicht sind. Mitfühlend, aber ohne pathetische Wehmut folgt ihnen der Autor. Und weil er ihre Probleme nicht lösen kann, hält er sich an ihre Mimik, Gestik, an ihre Worte und Sprechweisen.

Die große Trostlosigkeit, das große Drama lässt er geschickt aufscheinen, ohne es genau zu benennen. Es sei denn, seine Figuren fangen selber davon an. Wie in der Titelerzählung, in der dem Protagonisten mulmig wird, als er mitbekommt, dass zwei Typen, die Birgit liebten, durch Stürze fast zu Tode kamen. Nicht: Was ist das Geheimnis? Sondern: Gibt es ein Geheimnis?, lässt Schäfer seine Lesenden sich fragen. Überzeugend, weil es seine Geschichten nicht so groß macht. Tim Schomacker

Lesung am Freitag, 3.10., um 20 Uhr im Schlachthof auf dem Magazinboden