Nette Geschenkidee: 120 Berliner Polizisten

Weil Berlin seine ausgebildeten Polizisten selbst nicht bezahlen kann, übernimmt Niedersachsen demnächst 120 von ihnen – und braucht nicht einen Cent zu bezahlen. Innenminister Uwe Schünemann sagt: „Vielen Dank dafür“

Aus Finanznot schenkt die Pleite-Hauptstadt Berlin dem armen Niedersachsen etwa 12 Millionen Euro. So viel hat die dreijährige Ausbildung der 120 in Kürze fertig ausgebildeten Polizisten gekostet, die in wenigen Wochen vom Land Niedersachsen übernommen werden. Berlin kann sich ihre Beschäftigung nicht leisten. Niedersachsen sucht dagegen händeringend Polizisten – Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der im Wahlkampf versprach, 1.000 zusätzliche Beamte einzustellen, hat offenbar keine Zeit, sie selbst ausbilden zu lassen – und spart sogar noch Geld dabei. Aus Hannover bekommt Berlin keinen Cent Entschädigung. „Vielen Dank dafür“, sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) vor der versammelten Berliner CDU-Fraktion, die am Wochenende in Hannover auf Klausur weilte.

„Wir konnten uns darüber natürlich nicht ähnlich freuen wie der Minister“, sagt Peter Trapp (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. Dieser Vorgang sei zwar sehr bedauerlich, aber so sei nun mal die Rechtslage. Nach bestandender Abschlussprüfung ende das Vertragsverhältnis. „Wenn der Auszubildende dann nicht übernommen wird, kann er natürlich dahin gehen, wo ihm Arbeit geboten wird“, so Trapp.

Und in Berlin ist Ersteres eben nicht der Fall. Darum ist die Innenverwaltung auch schon wieder in intensiven Gesprächen, um weitere Abgänger im Oktober und Dezember zu vermitteln. „Berlin begrüßt, dass andere Länder dazu bereit sind, gut ausgebildete Berliner Polizisten zu übernehmen“, sagte der Sprecher des Innensenators. Das werde seit einiger Zeit erfolgreich praktiziert. Zumindest so erfolgreich, dass wenigstens der Bund einen Teil der Ausbildungskosten übernimmt.

Für den Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Eberhardt Schönberg, ist die Angelegenheit dennoch ein „ungeheuerlicher Skandal“, schließlich investiere Berlin in die Ausbildung eines einzigen Polizisten etwa 100.000 Euro. Zudem zeige der Überstundenberg bei der Polizei, dass der Personalbestand dringend aufgestockt werden müsse.

Doch der Trend ist eher gegenläufig. Berlin verliert Polizisten – ob an Bayern oder Baden-Würtemberg. Erst kürzlich sind 200 Absolventen von Hamburg abgeworben worden. Etwa die selbe Zahl ist zu BGS und BKA gegangen. Die Polizisten werden in ganz Deutschland „regelrecht verhökert“, kritisiert Schönberg. Das stimmt natürlich nicht ganz. Denn außer Bundesinnenminister Otto Schily zahlen alle anderen „Nutznießer“ nichts. Zwar hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) schon in der Vergangenheit versucht, bei seinen Länderkollegen etwas Geld locker zu machen, bekam aber nur freundliche Absagen. Schönberg kann nicht recht verstehen, warum noch vor zwei Jahren große Werbekampagnen liefen, um mehr Bewerber zu finden. „Jetzt wird überall erzählt, wir haben in Berlin über Bedarf ausgebildet. Das ist eine glatte Lüge“, schimpft Schönberg.

Der Sprecher der Innenverwaltung begründet die Nichtübernahmen mit der Haushaltslage und geänderten Sicherheitsstrategien. Allerdings hatte noch im Januar der damalige Innenstaatsekretär Lutz Diwell schriftlich erklärt, dass sich die Haushaltslage nicht auf die Übernahme von ausgebildeten Polizeivollzugsbeamten auswirken würde. Deshalb gelte für alle Anwärter des mittleren und gehobenen Polizeidienstes: „Sie werden wie bisher nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung zu Beamten/Beamtinnen auf Probe ernannt.“ Nur eben nicht in Berlin, sondern in Hannover oder Celle. JAN ROSENKRANZ