Noch drei Jahre für Libanons Präsident

Der UNO-Sicherheitsrat fordert syrischen Abzug aus dem Libanon. Libanons Regierung will davon nichts wissen

BEIRUT taz/afp/dpa ■ Der UN-Sicherheitsrat hat am Donnerstagabend eine Resolution verabschiedet, die auf einen Abzug syrischer Truppen aus dem Libanon und freie Präsidentschaftswahlen in dem Land zielt. Die Entschließung erhielt die Mindestzahl von neun der fünfzehn möglichen Jastimmen, sechs Mitglieder des Gremiums enthielten sich. Die Resolution war ursprünglich von den USA und Frankreich eingebracht worden, aber auch Großbritannien und Deutschland hatten sich hinter den Entwurf gestellt. In der Resolution wird unter anderem gefordert, die Präsidentschaftswahlen im Libanon müssten „frei, gleich und gemäß der libanesischen Verfassung“ abgehalten werden. Libanons Regierung wies die Resolution gestern umgehend zurück. „Diese Resolution ist unangebracht, weil sie den Prinzipien der Nichteinmischung in interne Angelegenheiten zuwiderläuft“, sagte Außenminister Jean Obeid in einer Erklärung.

Hintergrund der Resolution sind die Bestrebungen im Parlament Libanons, dem Syrien ergebenen Präsidenten Emile Lahoud durch eine Verfassungsänderung eine zweite dreijährige Amtszeit zu ermöglichen. Das libanesische Parlament wollte gestern für die Verfassungsänderung und somit für eine Mandatsverlängerung des Präsidenten stimmen.

Diesen November sollten eigentlich Präsidentschaftswahlen stattfinden. Aber Syrien will seinen loyalsten Mitarbeiter behalten. Der Protest aus dem Ausland konnte der Entwicklung keinen Einhalt gebieten.

Libanesische Intellektuelle, Journalisten, Gewerkschaftsführer und Frauenrechtler sowie einige wenige Abgeordnete hatten am Vortag der Abstimmung gegen die Verfassungsänderung protestiert. Rund 500 Oppositionelle aus verschiedenen politischen Lagern – sowohl aus dem christlich-konservativen Spektrum als auch von der Demokratischen Linken Bewegung und den Sozialisten – hielten eine Pressekonferenz, um ihrem Anliegen Gehör zu schaffen. Bereits in einer vorausgegangenen Kampagne mit dem Titel „Zur Verteidigung der Republik und ihrer Verfassung“ hatten sie gegen eine Verfassungsänderung mobilgemacht.

Obwohl die Oppositionellen bereits am Donnerstag wussten, wie das Parlament stimmen würde, wollten sie nicht kampflos aufgeben: „Wir wollen uns nicht einer Entscheidung beugen, die außerhalb unseres Landes getroffen wurde“, meinte Nassib Lahoud. „Denn es dreht sich nicht nur um die Verfassungsänderung. Es geht um die Unabhängigkeit unseres Landes, um die Bewahrung der libanesischen Republik und ihrer staatlichen Institutionen.“ Und um den Respekt der Demokratie im Libanon.

„Sowohl die syrische als auch die libanesische Regierung scheinen nicht zu begreifen, wie schwerwiegend diese Entscheidung ist“, sagte Elies Atallah, ein Vertreter der Demokratischen Linken Bewegung. Die Verfassungsänderung höhle die Demokratie aus und behindere die Selbstbestimmung des libanesischen Volkes. „Es ist unglaublich, dass ein Präsident gegen den Willen der Bevölkerung im Amt bleibt.“

Zumal der libanesische Präsident ein ehemaliger General ist. Atallah befürchtet sogar, dass die Syrer im Libanon ein militärisches Regime nach Vorbild der syrischen Baath-Partei errichten könnten.

Doch mit der gegenwärtigen Entwicklung schaden sich der Libanon und Syrien nur selbst. Denn der Westen hat kein Interesse an einem verstärkten Einfluss Syriens im Libanon. Die Beziehungen der USA und Europas zu Syrien sind sowieso schon schlecht. Mit der Politik, die Damaskus nun in Beirut betreibt, werde alles noch viel schlimmer, besonders, wenn es zu Sanktionen komme, so Atallah. Der hoch verschuldete Libanon, der erst dieses Jahr von Europa neue Darlehen bekommen hat, schneidet sich ins eigene Fleisch.

Durch die UNO-Resolution fühlt sich die Opposition bestätigt. Ob sie ihr wirklich helfen wird, bleibt jedoch fraglich.

CHRISTINA FÖRCH