Argentinien zahlt nur ein Viertel

Mit einer Umwidmung von 94 Milliarden Dollar startet das bankrotte Argentinien die größte Umschuldung aller Zeiten. Private Gläubiger sollen auf drei Viertel verzichten

BUENOS AIRES taz ■ Argentinien will nur noch ein Viertel seiner Schulden an private Gläubiger zurückzahlen. Am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) legte der argentinische Wirtschaftsminister Roberto Lavagna seinen Plan zur Umstrukturierung der argentinischen Schulden vor. Demnach werden 94,3 Milliarden Dollar an privaten Anleiheschulden in neue Titel transferiert.

Lavgana sagte in Dubai vor Journalisten, die Regierung könne „nicht alle Erwartungen erfüllen“. Die Wirklichkeit der Schuldenlast sei „stärker als unser Wille“. Vor einigen Wochen hatte dies Lavagna in Buenos Aires wesentlich undiplomatischer formuliert, als er vorhersagte, es werde „lange Gesichter“ bei einigen Bond-Besitzern geben, wenn der argentinische Vorschlag auf dem Tisch liegt.

Nach dem von Lavagana jetzt vorgelegten Umstrukturierungsplan können die Besitzer argentinischer Staatsanleihen zwischen drei neuen Bondgruppen wählen: 75 Prozent Abschlag auf den Nominalwert der Papiere, längere Laufzeiten mit niedrigen Zinsraten um die zwei Prozent und einen Zockerbond, bei dem die Zahlungen an das Wirtschaftswachstum des Landes gebunden sind – wächst Argentinien stark, verdient der Anleger gut, gerät das Land in eine neue Rezession, steht er dumm da.

Auch bei den Zinsen müssen die Anleger kürzer treten. Die 15 Milliarden Dollar, die seit der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit im Januar 2002 bis zum Abschluss der Verhandlungen mit den Gläubigern angelaufen sind, werden nicht gezahlt. Damit liegen die Karten auf dem Tisch – jetzt sind die Gläubiger am Zug. Obwohl Lavagna noch in Dubai klar machte, dass er nicht beabsichtigt, seinen „Vorschlag zu modifizieren“, wird erwartet, dass sich die Verhandlungen bis Mitte 2004 hinziehen.

Damit steht die vom Volumen her größte Umschuldung der Geschichte bevor – noch nie war ein Staat so pleite, wie es Argentinien heute ist. 94,3 Milliarden Dollar an Außenständen werden umgeschichtet, die Hälfte der gesamten Schulden des Landes, wie Finanzsstaatssekretär Guillermo Nielson vorrechnet. Es sind über 700.000 Gläubiger, die Argentinienbonds in ihren Portfolios haben. Dazu gehören Investmentbanker und Industrielle, Kleinanleger und Rentner, deren Banken ihnen die hochriskanten Titel verkauft haben. Mit all ihnen muss die Regierung einig werden.

Um ihre Ausgangsposition bei den Verhandlungen zu verbessern haben sich Pressuregroups gegründet wie die Argentine Bond Restructuring Agency, in deren Beirat der ehemalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer sitzt. Gegen eine Provision vertreten sie die Interessen der geprellten Anleger.