Flott fett futtern, please!

In Großbritannien lässt McDonald‘s nichts anbrennen und leistet sich einen Präventivschlag gegen „Supersize Me“

Vergangene Woche schaltete McDonald’s in England eine Zeitungsanzeige und nahm Stellung zu dem in zwei Wochen dort anlaufenden Dokumentarfilm „Supersize Me“. Wir erinnern uns: Regisseur Morgan Spurlock ernährt sich darin 30 Tage lange ausschließlich von McDonald’s-Nahrung und wird in Nullkommanix dick, fett und ungesund. „Thats not reality“, behauptet McDonald’s in seiner Anzeige, dies entspräche nicht der Lebensführung der Briten.

In Deutschland hingegen reagierte McDonald’s relativ verhalten auf den Film. Man schien die Sache einfach verschweigen zu wollen. Das Argument gegen den Film belief sich darauf, dass jeder Mensch, der 5.000 Kalorien am Tag zu sich nimmt und sich nicht bewegt, flott fett werden wird. Deswegen bräuchte man auf den „unverantwortlichen und realitätsfremden Selbstversuch“ gar nicht weiter einzugehen und tat es auch nicht. Raffiniert, denn das wäre ja ein Fingerzeig auf sich selbst gewesen.

Man muss dabei bedenken, dass „Supersize Me“ nicht hundertprozentig auf Deutschland übertragbar ist – der Film ist nicht ausschließlich als Kritik an McDonald’s-Fertignahrung angelegt, sondern auch an der amerikanischen Esskultur. Mr Spurlock transformiert sich in genau jenes unbewegliche Vielfraßmonster, wie es die britische McDonald’s-Anzeige zwar als unrealistisch abtut, wie es aber in Amerika nichtsdestotrotz zuhauf existiert. Wenn es keine Fastfood-Kultur und keinen Markt dafür gäbe, warum existieren dann dort groteske Fress-Angebote wie das überdimensionale Supersize-Menü überhaupt? Pure Dickenverleugnung. Auf der subtilen britischen Internetseite www.supersizeme-thedebate.co.uk/ gibt man sich kollegial und zum Dialog bereit. Man muss.

In London zumindest ist Fastfood tatsächlich eine preisgünstige Alternative angesichts der hohen Lebenshaltungskosten. Dort, wo die Unterschiede zwischen den Klassen noch sehr real sind, wo Arm und Reich, Gebildet und Ungebildet streng getrennt voneinander leben, sind zwei Cheeseburger für nur 99 pences ein echtes Schnäppchen. Wer posh genug ist, leistet sich teure „organic“ Lebensmittel. Die unterprivilegierte Arbeiterklasse hat jedoch weder den Anreiz noch die erforderlichen Geldmittel dafür.

McDonald’s ist auch aus diesem Grund stärker in die allgemeine Esskultur eingebettet als in Deutschland, wo „Supersize Me“ eher als Kuriosum angesehen wurde, in dem man über dicke dumme Amis lacht. In Großbritannien sind die Parallelen deutlicher, und ein Film wie „Supersize Me“ könnte die PR-Propaganda der Fastfoodketten tatsächlich ein wenig in die Bredouille bringen. Der Film könnte ein Erfolg werden und damit auch die breite Masse dazu bewegen, sich über ihre Ernährung Gedanken zu machen. Nur wer ungebildet ist, lässt sich gut füttern. UKE BOSSE