Funkverbindung muss vor Gericht

Dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wird wegen der Millionen-Abfindungen bei Mannesmann der Prozess gemacht. Der Manager lehnt einen Rücktritt ab. Er warnt vor Gefahr für den Standort und erhält Unterstützung von SPD- und CDU-Spitzen

von ANDREAS SPANNBAUER

Ein großes Büro in der Filiale der Deutschen Bank an der Düsseldorfer Königsallee hat sich Josef Ackermann vorsorglich schon einrichten lassen. Voraussichtlich ab dem Spätherbst wird sich der Vorstandssprecher der Deutschen Bank häufiger in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt aufhalten müssen – auf der Anklagebank eines Gerichtssaals in einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der Nachkriegsgeschichte.

Auf 460 Seiten wirft die Staatsanwaltschaft Ackermann und fünf weiteren Beschuldigten schwere Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue bei der Übernahme von Mannesmann durch den britischen Mobilfunkanbieter Vodafone vor. Am Freitagabend gab die Deutsche Bank nun bekannt, dass die 14. Wirtschaftsstrafkammer des Düsseldorfer Landgerichts die Eröffnung des Hauptverfahrens für zulässig erklärt hat. Ein Teil der Wirtschaftselite der Republik steht vor Gericht.

Neben Ackermann müssen sich unter anderem der frühere Vorsitzende der IG Metall, Klaus Zwickel, der ehemalige Mannesmann-Chef Klaus Esser sowie der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Ackermann, als Mitglied des Aufsichtsrats von Mannesmann im Frühjahr 2000 der Zahlung von Abfindungen in Millionenhöhe an den damaligen Vorstandschef Esser und andere Führungskräfte ohne rechtliche Grundlage und in großer Eile zugestimmt zu haben – zum Schaden des Unternehmens. Die Zahlungen waren nach Ansicht der Staatsanwälte die Voraussetzung für die Zustimmung Essers zu der Übernahme durch Vodafone. Insgesamt geht es um eine Summe von rund 57 Millionen Euro. Wirtschaftsprüfer hatten vor einer Auszahlung des Geldes gewarnt.

Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Ackermann spricht von einer „unhaltbaren Komplotttheorie“ und verweist auf weltweite Gepflogenheiten. Auch die Deutsche Bank stellt sich demonstrativ hinter ihren Vorstandssprecher. „Herr Ackermann denkt nicht an Rücktritt“, sagte ein Sprecher der Bank am Samstag. Das Management sei „nach wie vor davon überzeugt, dass Dr. Ackermann sich zu jeder Zeit korrekt und sachgerecht verhalten hat“, heißt es in einer Erklärung. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hatte Ackermann aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen.

Nach Auffassung des Angeklagten wird der Prozess gegen ihn „den Standort Deutschland gefährden“. Künftig werde es noch schwieriger werden, ausländische Führungskräfte für einen Wechsel in ein deutsches Unternehmen zu gewinnen, sagt der Schweizer, der letztes Jahr als erster Ausländer an die Spitze der Deutschen Bank gerückt war.

Von der Politik erhält der 55-Jährige Unterstützung. „Ackermann hat unser volles Vertrauen“, sagte Finanzminister Hans Eichel. Auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement warnte vor einer Vorverurteilung. Noch deutlicher positionierte sich die CDU-Chefin Angela Merkel, die von einem „Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland“ sprach. Der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Michael Müller, begrüßte dagegen die Entscheidung: „Bei den kleinen Leuten wird auf jeden Pfennig geschaut, hier jedoch schienen selbst Millionen keine Rolle zu spielen.“

Für den Verbleib Ackermanns ist besonders Eichels Haltung von Bedeutung. Die dem Finanzminister unterstellte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat bereits prüfen lassen, ob der Manager im Fall eines Prozesses sein Amt noch mit der nötigen Sorgfalt ausüben kann. Nach Angaben des Spiegel geht die Behörde davon aus, dass Ackermann bei zwei Verhandlungstagen pro Woche seinen Posten ruhen lassen muss.

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